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Per Kirkeby, Ohne Titel, 2012, Tempera auf Leinwand, 180 x 140 cm
© Per Kirkeby, Courtesy Galerie Michael Werner

Wilde Collagen des Nichtexistenten

29. März 2012

Per Kirkeby im Museum Küppersmühle Duisburg - Kunstwandel 04/12

Bunt geht die Welt zugrunde, wenn es nicht Künstler sind, die sie genauso bunt wieder erretten. Wenn man das private Museum Küppersmühle betritt, wo derzeit der dänische Künstler Per Kirkeby ausgestellt wird, dann sollte man erst einmal rechts herum in den ersten großen Saal und das acht Quadratmeter-Farbengewitter „Laokoon“ betrachten, das Kirkeby extra 2011 für die Schau am Hafen hergestellt hat, und das von einem Alterswerk noch weit entfernt ist, wenn die Betitelung auch den Hang älterer Meister zur plötzlich überaus wichtig erscheinenden Mythologie dokumentiert.

Aber Kirkeby hat das große Format schon immer gereizt. Die abstrakte Farbkomposition von zwei Metern Breite und vier Metern Höhe lässt – dem Titel sei Dank – andere Assoziationen erst gar nicht aufkommen. Der Betrachter sieht Sonne, Himmel, grünes Schlangengewirr in einer Landschaft, doch dies ist formal nicht vorhanden. Die wilden Pinselstriche, mit denen der Däne seine Version des griechisch-römischen Mythos vom göttlichen Schlangen-Mord im Apollotempel auf die Leinwand wütete, zeigen in erster Linie Farbflächen, die das Bild in dessen Hintergrund in eine dunklere und helle Partie teilen. Die grünen Schlingen im Vordergrund könnten auch zu einem Urwald gehören, der beispielsweise Mayastätten überwuchert, die der Künstler in den frühen 1970er Jahren bereiste.

Zu dem Zeitpunkt hatte Kirkeby bereits ein Geologiestudium an der Universität Kopenhagen mit einer Promotion abgeschlossen, war Mitglied der avantgardistischen dänischen Künstlergruppe „Den Eksperimenterende Kunstskole“, machte Kurzfilme und arbeitete mit Josef Beuys und Nam June Paik zusammen. Kirkeby war auf dem besten Weg, im Universum der Pop-Art hell zu leuchten. Doch dann kam alles anders. Ziemlich überraschend wandte er sich der informellen Malerei zu, 1973 entstand „Huset“ (Das Haus), eine Arbeit, die als seine erste Backsteinskulptur gilt; in den nächsten Jahrzehnten werden zahlreiche Monolithen in Metropolen dazukommen. Duisburg zeigt hier die Bronze-Modelle aus den 1980er und 1990er Jahren.

Um sich gegen andere weltweit organisierte Kirkeby-Ausstellungen abzugrenzen, zeigt Duisburg neben den ganz frischen Werken aus den letzten Monaten auch das bislang ziemlich unbekannte Frühwerk des heute 73jährigen Künstlers. Am Eingang des Museums hängen wilde Collagen, schwarzweiße Fotografien und Zeichnungen von der ersten Expedition nach Grönland, Künstlerbücher und Plakate aus den 1960er und 1970er Jahren. Ob Kirkeby da „Sympathy for Satan“ hatte, ist nicht bekannt. Er kreierte jedenfalls das Plakat für den Jean Luc Godard-Film „One plus one/Sympathy for the devil“ (1968), auf dem auch Songschreiber Mick Jagger zu sehen ist.

Kirkeby blieb ein Wanderer zwischen den Kunstformen. „Maler – Forscher – Bildhauer – Poet“ ist der Untertitel der Ausstellung, die gut 80 Werke des Künstlers zeigt, zur Eröffnung reiste immerhin Prinzessin Benedikte von Dänemark an. Doch eigentlich hat Museumsdirektor Walter Smerling auf den wichtigsten Punkt aufmerksam gemacht: Im fulminanten Werk Per Kirkebys herrsche zwischen Früh- und Spätwerk die gleiche Energie. Davon kann man sich überzeugen.

„Per Kirkeby – Maler – Forscher – Bildhauer – Poet“ I bis 28. Mai I Museum Küppersmühle, Duisburg I 0203 30 19 48 10

PETER ORTMANN

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