Das Giradet-Haus in Essen-Rüttenscheid ist riesig, der Eingang 5a schwer zu finden, die Treppe hinunter vermittelt etwas von altem Sporthallen-Flair. Dort unten angekommen, wird man jedoch völlig überrascht von der netten und gediegenen Atmosphäre, die hier im Katakomben Theater herrscht. Zur Begrüßung gibt es eine Weihnachtsbaum-Kugel zum Anstecken. Mit ihr wird später die persönliche Lieblingsperformance gewählt. Denn hier findet zum sechsten Mal das Festival „638 Kilo und weitere Delikatessen“ statt. Ein ungewöhnlicher Name für ein ungewöhnliches Event. Aber die Mischung macht’s: zeitgenössischer Tanz und kulinarische Köstlichkeiten.
Die beiden tanzbegeisterten Veranstalterinnen Sabina Stücker und Jelena Ivanovic haben auch dieses Jahr wieder 21 aktuelle und spannende Tanz Produktionen aus NRW, Deutschland, Belgien, Ungarn, Finnland und der Schweiz eingeladen. Am Ende der vier Veranstaltungstage wird neben dem Publikumspreis auch ein Jury-Preis für die beste Choreographie der talentierten Nachwuchstänzer vergeben. Nun ja, Newcomer sind die Künstler alle nicht, die schon um die ganze Welt getourt sind und sogar noch mit Pina Bausch zusammen gearbeitet haben. Doch zu der jährlichen Kultur- und Gourmet-Veranstaltung in Rüttenscheid kommen sie gerne, um ihre Choreografie zu zeigen und mit anderen Begeisterten austauschen zu können. Denn Schwerpunkt neben den Tanzpräsentationen ist die Begegnung zwischen den Künstlern und ihrem Publikum, sowie der Austausch untereinander. Am Sonntag werden die Besten gekürt, an keinem anderen Ort als dem Schwimmbad in Rüttenscheid.
Wo sonst ausgewählte Essener Gastronomie-Betriebe für den leckeren Pausen-Snack sorgen, gibt es am Samstagabend ein besonderes Konzept: Das Mitbring-Buffet. Jeder, der etwas zur Verköstigung beiträgt, hat freien Eintritt. Doch man kommt ja vor allem wegen des zeitgenössischen Tanzes. Mit dramatischer Musik unterlegt, sind die Performances „Wunschkonzert“ von der Kubanerin Maura Morales und „Stay“ der Koreanerin Eun Sik Pak eher düsterer Natur. Und was der Laie erst nicht als „Tanz“ bezeichnen mag, outet sich doch als ästhetische Körperkunst. Eben zeitgenössisch – eine Mischung aus Klassik und Moderne. Und Ausdruckstanz deshalb, weil allein durch Bewegung alles gesagt werden kann – minimalistisch im Bühnenbild, aber kolossal im Ausdruck.
Das Festival fand statt vom 18.10. – 21.10. in Essen Rüttenscheid im Giradet-Haus, im Schauspiel Essen und im Schwimmzentrum Rüttenscheid.
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Im Kreisrund sind alle gleich
4. Ausgabe des Festivals Zeit für Zirkus – Tanz in NRW 11/24
War das ein Abschied?
Sônia Motas „Kein Ende“ in den Kölner Ehrenfeldstudios – Tanz in NRW 10/24
Supergau?
Die TanzFaktur steht wieder einmal vor dem Aus – Tanz in NRW 09/24
Kaffee, Kuchen, Stacheldraht
12. Tanz.Tausch Festival in der Kölner TanzFaktur – Tanz in NRW 08/24
Wunderbar: alles ohne Plan
„Leise schäumt das Jetzt“ in der Alten Feuerwache – Tanz in NRW 07/24
Vor der Selbstverzwergung
Ausstellung zu den „Goldenen Jahren“ des Tanzes in Köln – Tanz in NRW 06/24
Philosophie statt Nostalgie
Das Circus Dance Festival in Köln – Tanz in NRW 05/24
Das Unsichtbare sichtbar machen
Choreographin Yoshie Shibahara ahnt das Ende nahen – Tanz in NRW 04/24
Tennismatch der Kühe
„Mata Dora“ in Köln und Bonn – Tanz in NRW 03/24
Kommt die Zeit der Uniformen?
Reut Shemesh zeigt politisch relevante Choreographien – Tanz in NRW 02/24
Am Ende ist es Kunst
Mijin Kim bereichert Kölns Tanzszene – Tanz in NRW 01/24
Eine Sprache für Objekte
Bundesweites Festival Zeit für Zirkus 2023 – Tanz in NRW 11/23
Die Sprache der Bewegung
Die Comedia lockt das junge Publikum zum Tanz – Tanz in NRW 10/23
Kinshasa und Köln
„absence#4“ im Barnes Crossing – Tanz in NRW 09/23
Tänzerinnen als „bad feminist“
tanz.tausch in Köln – Tanz in NRW 08/23
Den Blick weiten
Internationales Tanz-Netzwerk Studiotrade – Tanz in NRW 07/23
Visionen, Mut und Fleiß
Rund zehn Jahre Kölner Tanzfaktur – Tanz in NRW 06/23
Dialoge der Körper
SoloDuo Tanzfestival in Köln – Tanz in NRW 05/23
Das überraschende Moment
Bühnenbildner miegL und seine Handschrift – Tanz in NRW 04/23
Gesellschaftlicher Seismograph
8. Internationales Bonner Tanzsolofestival – Tanz in NRW 03/23
Akustischer Raum für den Tanz
Jörg Ritzenhoff verändert die Tanzwahrnehmung – Tanz in NRW 02/23
Kann KI Kunst?
Experimente von Choreografin Julia Riera – Tanz in NRW 01/23
Wie geht es weiter?
Mechtild Tellmann schaut auf Zukunft des Tanzes – Tanz in NRW 12/22
Der Zirkus verwandelt die Welt
„Zeit für Zirkus“ - Festival in NRW – Tanz in NRW 11/22
Reflexion oder Reaktion?
Urbäng! Festival mit Sonderausgabe zur Ukraine – Festival 10/22