Im Interview spricht Stève Hiobi über sein Sachbuch „All about Africa“, das sich mit der Geschichte Afrikas und den Vorurteilen über den Kontinent befasst. Als Influencer auf Instagram und TikTok ist Hiobi als deinbrudersteve / brudersteve bekannt.
trailer: Stève, du hast ein Buch über den oft missverstandenen Kontinent Afrika geschrieben: Wie bist du auf die Idee gekommen?
Eigentlich hat mich mein Verlag einfach gefragt, ob ich Lust habe, über dieses Thema zu schreiben. Normalerweise mache ich Social Media, deswegen war ich mir zuerst unsicher, ob es überhaupt eine gute Idee ist, dass ich ein Buch schreibe. Das Problem an Social Media ist allerdings, dass man oft nur wenig Zeit hat, wichtige Themen herüberzubringen. Das ist bei einem Buch zum Glück anders.
Auf welche Herausforderungen bist du während der Entwicklung des Buches gestoßen?
Definitiv das Konzept zu entwickeln, was überhaupt in das Buch herein soll. Wenn ich alles über Afrika geschrieben hätte, wären das vermutlich mehrere Bände geworden. Die ganze Quellensuche war für mich auch herausfordernd.
Du möchtest vor allem über die Irrtümer über Afrika aufklären. Welches ist eines der prägendsten?
Ich möchte, dass Menschen verstehen, wie vielfältig und unterschiedlich der Kontinent ist – und dass Afrika kein Land ist. Viele denken immer noch, dass überall Krieg und hungernde Kinder sind. In Afrika gibt es aber reiche, arme, entspannte und hart arbeitende Menschen, eben ganz viel Vielfalt.
Inwiefern profitieren gewisse Personen oder Organisationen von der einseitigen Darstellung Afrikas?
Profitieren ist immer schwierig zu sagen, aber ich sehe auf jeden Fall Zusammenhänge. Dadurch, dass Afrika als gescheiterter Kontinent dargestellt wird, geht im Bereich Tourismus und Wirtschaft viel verloren. Leute reisen nicht nach Afrika, weil sie denken, dass sie dann direkt in einem Kriegsgebiet landen. Start-ups haben es auch schwerer, Investoren zu finden. Wenn wir immer weiter dieses Narrativ vorantreiben, geht das auf Kosten der Entwicklung Afrikas.
Geschäftsmodelle einiger Organisationen bauen darauf auf: Sie bieten Freiwilligendienste in Afrika an, bei denen Menschen vor Ort helfen können. Inwieweit trägt das zur Entwicklung bei?
Wenn man nach dem Abi ohne jegliche Ausbildung nach Afrika geht und dort dann als Lehrer arbeitet, finde ich das sehr kritisch. Es gibt aber auch Freiwilligendienste, die für beide Seiten gut sind, wie das deutsch-afrikanische Jugendwerk. Dann wird beispielsweise ein Schreiner in Ausbildung gesucht und es entsteht ein Austausch zwischen beiden Parteien, sodass alle voneinander lernen können. Die meisten Menschen wollen gar nicht, dass man ihnen hilft. Sie wollen selbst lernen, vorangehen und nicht von der Hilfe anderer abhängig sein.
Auch die Buchindustrie ist nicht frei von struktureller Diskriminierung: Schwarze Menschen erhalten oft weniger Unterstützung von Verlagen. Wie hast du das erlebt?
Ich hatte den Vorteil, dass ich schon eine große Reichweite hatte. Ich weiß aber, dass andere da leider schon Probleme hatten, die eben nicht den Social Media-Vorteil hatten. Vielleicht hätte jemand anderes noch mehr zu sagen als ich, aber der Person wird dann nicht die Chance gegeben, weil eben keine Social Media-Präsenz da ist.
Reichweite zu haben bringt natürlich nicht nur Vorteile: Wie gehst du mit Hass auf Social Media um?
Ich probiere, mich nicht so sehr damit zu beschäftigen. Ich habe aber auch viele Wörter herausgefiltert und scrolle nicht zu viel herum. Irgendwann wird‘s dann nämlich sehr dunkel. Trotzdem freue ich mich natürlich immer über konstruktive Kritik.
Ein Video von dir polarisierte: Du behauptest darin, dass der schwarze Mann bewundert und die schwarze Frau diskriminiert wird. Wie hast du das gemeint?
Es existiert viel positiver Rassismus gegenüber schwarzen Männern: Alle können gut Basketball spielen oder rappen. Frauen profitieren allerdings nicht davon und kriegen nur den negativen Rassismus ab. Das sprechen allerdings viele Männer den Frauen ab, auch in der African Community, und das ist ein großes Problem.
Wie kann man als Einzelperson dazu beitragen, ein realistischeres Bild von Afrika zu vermitteln?
Beschäftigt euch mit dem Thema. Geht dahin, wo auch die Africans hingehen. Das Problem ist, dass das negative Narrativ des afrikanischen Kontinents so lange bestand und sich die Leute dem teilweise gar nicht bewusst waren. Wenn man kein Problem sieht, kann man es natürlich auch nicht ändern. Es braucht mehr Leute wie mich: Afrofluencer, die aufklären. Zuletzt liegt es an jedem Einzelnen, sich dann mehr zu informieren und wieder mehr miteinander zu reden.
All about Africa – Was du über den Kontinent wissen solltest | Droemer HC | 256 S. | 18 Euro
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