Aal hat keine scharfen Zähne, noch nicht mal große Flossen, aber dafür kann er wie kein anderes Geschöpf im Teich rasant auf dem Rücken schwimmen und dabei von seiner Lieblingsspeise, Algenmarmelade, schwärmen. Nach einer langen und gefährlichen Reise durch den Ozean hat er ein neues Zuhause gefunden. Nichts bringt ihn aus der Ruhe, erst recht nicht seine Mitbewohner:innen Heiko Hecht, Walter Wasserfloh, Fine Forelle, Stina Stichling, Bernd Biber, Helga Haubentaucher und Fritzi Frosch, die sich über das Verhalten des neuen Nachbarn ein wenig wundern – denn diesem ist scheinbar wirklich alles egal.
Autorin und Illustratorin Julia Regett gelingt mit ihrem neuen Werk „Egal, sagt Aal“ eine im wahrsten Sinne fantastische Fabel, die viel Raum für das Anderssein lässt und zugleich Fähigkeiten wie Einfühlungsvermögen, Achtsamkeit und Rücksichtnahme gegenüber „Mit-Tieren“ hervorhebt. Dabei sieht Rücksichtnahme ihrer Hauptfigur eigentlich gar nicht ähnlich. Ob es nun um die Nachtruhe oder die Verkehrsregeln geht: Aal möchte stets gegen den Strom schwimmen – und zwar im Turbotempo. Auch verlacht er die Mühen des Bibers, der sich in vielen Arbeitsstunden seine Burg aus Baumstämmen und Zweigen gebaut hat. Natürlich lassen den ungewöhnlichen Fisch Aufräumereien und Ordnung im Allgemeinen kalt. Wozu all das? Sticheleien über sein schlangenartiges Aussehen und das nur schwer zu bestimmende Geschlecht kümmern Aal ebenfalls nicht. „Junge oder Mädchen – das ist egal! Ich bin so oder so der coolste Aal überhaupt“, lässt er alle Kreaturen selbstbewusst wissen. Doch die steten Bemerkungen der Teichgesellschaft verfehlen auf Dauer ihre Wirkung nicht. Bald wird es Aal so schwer ums Herz, das er traurig auf den Grund des Tümpels sinkt. Erst die Begegnungen mit Toni der Teichschnecke und Fred dem Flusskrebs zeigen Aal neue Sichtweisen auf, die sowohl seine Persönlichkeit als auch den Gemeinschaftssinn stärken.
Die humorvoll illustrierte Geschichte ist für Kinder ab vier Jahren geeignet. Von der Kölner Schriftstellerin sind zudem folgende Bücher erschienen: „Lass es raus, Knotenklaus“ (2022), „Eine kleine, große Reise“ (zusammen mit Daniel Wagner, 2022). Regett wurde im vergangenen Jahr mit dem Köln Stipendium für Kinder- und Jugendliteratur ausgezeichnet.
Julia Regett: Egal, sagt Aal | CalmeMara Verlag | ab 4 Jahren | 32 S. | 22 Euro
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