Mitte November 2021 meldete die Deutsche Umwelthilfe (DUH): „Erneuter Rekord beim Verpackungsmüll“. Eine Meldung, die so gar nicht zum Selbstbild der umweltbewussten Deutschen passen mag. Wie? Wir hier in Deutschland? Im Land der Klimaweltmeister und Mülltrenner, der Heimat von Grünem Punkt und Gelbem Sack soll es einen neuen Rekord beim Verpackungsmüll geben?
Dem Bericht zufolge, der sich auf Zahlen des Umweltbundesamtes stützt, bleibt Deutschland mit rund 19 Millionen Tonnen Verpackungsmüll im Jahr 2019 Spitzenreiter in Europa. Im Vergleich zu 2018 sogar mit einem Zuwachs von rund 47.000 Tonnen Abfall mehr, was einem durchschnittlichen Pro-Kopf-Verbrauch von 227,55 Kilogramm entspricht. Der europäische Durchschnitt liegt mit 177,38 Kilogramm sogar um rund 50 Kilogramm niedriger. Der jährliche Pro-Kopf-Verbrauch hat sich in den zurückliegenden 25 Jahren von 19 auf 37 Kilogramm nahezu verdoppelt. Und die Recyclingquote bei Kunststoffverpackungsabfällen lag 2018 mit rund 40 bis 50 Prozent weit unter der anderer Länder.
Rekordzahlen beim Verpackungsmüll
Was läuft also falsch? Befeuert wird der Trend zu immer mehr Verpackungen besonders durch Einwegprodukte, den wachsenden Onlinehandel und immer kleinere Verpackungsgrößen. „Der erneute Anstieg des Verpackungsmülls belegt einmal mehr die gescheiterte Abfallpolitik. Es ist ein Armutszeugnis, dass der Verpackungsmüll in Deutschland von Jahr zu Jahr neue Rekordmengen erreicht“, kommentierte Barbara Metz, stellvertretende Geschäftsführerin der DUH.
Das Umweltbundesamt (UBA) frohlockte dennoch, da die gesetzlich vorgeschriebene Recyclingquote von 50 Prozent überschritten wurde – um eine mageres halbes Prozent. Auch die restlichen Quotenvorgaben für einzelne Verpackungsmaterialien wurden laut UBA im Jahr 2020 von den dualen Systemen im Durchschnitt eingehalten oder gar übertroffen. So wurden 93 Prozent der bei den Systemen beteiligten Eisenmetallverpackungen recycelt. Bei Kunststoffverpackungen wurden 60,6 Prozent werkstofflich verwertet. „Dem Märchen, es werde sowieso alles verbrannt, was in gelber Tonne oder gelbem Sack lande, kann ich in aller Deutlichkeit widersprechen", so Lilian Busse, Vizepräsidentin der Umweltbehörde. Dennoch bestehe großer Handlungsbedarf, denn die gesetzlichen Anforderungen steigen im nächsten Jahr erneut. Dann müssen noch mehr Verpackungsabfälle in den Kreislauf zurückgeführt werden.
Mehrweg statt Einweg
Das UBA appellierte zugleich an die Unternehmen, ihre Verpackungen zu überprüfen und systematisch ökologisch zu optimieren. Beispielsweise mit mehr Mehrwegangeboten, die über Getränkeverpackungen hinausgingen, wie etwa beim Versandhandel und beim Unterwegs-Verzehr.
Hinter dem eigentlichen Skandal – zu viel Müll – verbirgt sich aber noch ein zweiter. Wie üblich werden auch auf dem Feld der Verpackungsproduktion Gewinne privatisiert, Verluste hingegen der Allgemeinheit in Rechnung gestellt – um ein neues politisches Trendwort zu gebrauchen: vergesellschaftet. Denn die von der EU vorgeschriebene Plastiksteuer wird in Deutschland nicht von denen finanziert, die die Müllflut zu verantworten haben, sondern aus Steuermitteln. Allein 2021 hat die Bundesregierung rund 1,3 Milliarden Euro nach Brüssel überwiesen. Ein Punkt, bei dem die neue Bundesregierung dringend Abhilfe schaffen müsste. Eine Plastiksteuer könnte nach Recyclingfähigkeit und Rezyklateinsatz bei der Neuproduktion von Verpackungen gestaffelt werden und böte so Anreize, nachhaltigere Materialien einzusetzen. Doch das Verpackungsmüllproblem ist keines, dass sich allein mit der Steuergesetzgebung lösen ließe.
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