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Weihnachten in der Psychiatrie: Jella Haase in „4 Könige“.

„Die Deutschen neigen zu Theatralik“

26. November 2015

Jella Haase über „4 Könige“, „Heidi“ und ihre Weihnachtsrituale – Roter Teppich 12/15

Die 1992 in Berlin geborene Jella Haase hat als Kaugummi kauende Chantal in „Fack ju Göhte“ und der noch erfolgreicheren Fortsetzung ein Millionenpublikum begeistert. Dabei hat die wandlungsreiche Nachwuchsschauspielerin zuvor bereits in anspruchsvollen Rollen in Arthouse-Hits wie „Lollipop Monster“, „Kriegerin“ und „Ruhm“ für Aufsehen gesorgt. Im Dezember kann man sie gleich in zwei neuen Rollen auf der Leinwand bewundern. „4 Könige“ startet am 3. Dezember, hier spielt sie eine junge Frau, die Weihnachten in der Psychiatrie verbringen muss. Und ab dem 10. Dezember ist sie in der Neuverfilmung von „Heidi“ als Tinette im Kino zu sehen.

trailer: Frau Haase, Sie haben Ihren ersten Kinofilm „Lollipop Monster“ erst vor vier Jahren gedreht, mittlerweile sind mit den beiden „Fack ju Göhte“-Filmen zwei der erfolgreichsten deutschen Produktionen der letzten Jahre hinzugekommen. Waren Sie auf diesen Erfolg vorbereitet?

Jella Haase: Nein, überhaupt nicht. Ich glaube, auf so etwas kann man gar nicht vorbereitet sein. Das malt man sich ja nicht aus. Ich wusste zwar, dass „Türkisch für Anfänger“ schon sehr erfolgreich gewesen war, aber wie sich das entwickelt hat, konnte ich nicht vorausahnen. Man rechnet nicht damit.

Wie haben die beiden Filme Ihr Leben nun verändert?

Ich werde auf der Straße häufiger erkannt, aber das ist eigentlich auch schon dasEinzige. Sonst ist alles total normal. Ich versuche, in meiner Freizeit genau das Leben weiterzuführen, das ich bisher hatte. Das klappt eigentlich auch ganz gut.

Wie man an „4 Könige“ sieht, haben Sie auch nach wie vor noch ein Faible für kleinere, anspruchsvolle Produktionen. Was hat Sie genau an diesem Film gereizt?

Nachdem ich das Drehbuch gelesen hatte, wollte ich die Rolle sofort übernehmen! Das war bei „Lollipop Monster“ und „Kriegerin“ damals ähnlich, das waren jeweils Drehbücher, die man nicht alle Tage liest. Ich bekomme viele Angebote, die mich nicht so ganz überzeugen. Bei „4 Könige“ haben mich von Anfang an die Geschichte und die Charaktere gefesselt. Auch die Erzählweise war für mich sehr neu. Ich fand es sehr schön, dass man das psychiatrische Klima auf eine andere Weise beleuchtet. Ohne mit dem Finger auf sie zu zeigen, wird hier eine Geschichte von vier Jugendlichen erzählt, die alle Schwierigkeiten mit sich oder anderen haben, aber dann doch für eine kurze Zeit zueinander finden. Ich wollte unbedingt Lara spielen, das hat mich alles von Anfang an überzeugt.

Haben Sie sich darauf vorbereitet, eine psychisch Kranke zu spielen, oder gingen Sie an die Rolle eher intuitiv heran?

In diesem Fall hatten wir eine sehr ausgeprägte Vorbereitungszeit. Wir haben intensive Coachingarbeit gemacht mit Frank Betzelt, das ist ein ganz bekannter Coach in Berlin. Zusammen mit der Regisseurin haben wir bei ihm einen ganzen Tag verbracht, auch jeder einzeln für einige Stunden. Jeder für sich hat dann Rollenprofile erstellt, und mit unserem neuen Wissen haben wir dann geprobt. Hier war die Vorbereitung sehr wichtig. Unsere Regisseurin Theresa von Eltz hat viel von uns abverlangt, dass wir auf den Punkt genau spielen. Vom Coach und der Regisseurin haben wir Vorlagen bekommen, und daraufhin haben wir dann die Hintergrundgeschichten unserer Figuren entwickelt.

Paula Beer und Jannis Niewöhner sind ebenfalls Shooting Stars, die Wert auf Qualität legen. Wie war diese erste Zusammenarbeit mit den beiden für Sie?

Jannis kannte ich privat schon vom Sehen her, und wenn man im gleichen Business arbeitet, dann kennt man auch die anderen Jungschauspieler. Wir hatten aber noch nie zusammen gearbeitet. Es war aber ganz toll, mit Paula bin ich noch immer sehr eng befreundet. Wir treffen uns nach wie vor. Auch mit Jannis habe ich mich sehr gut verstanden. Ich finde es sehr wertvoll, wenn man gemeinsam auf einer so hohen Ebene miteinander arbeiten und agieren kann. Ich fand den gesamten Cast von „4 Könige“ wahnsinnig talentiert. Das macht großen Spaß, wenn ein kreativer Raum entsteht und wenn so gut gecastet wurde wie hier. Das lag aber auch an unserer Regisseurin, weil sie genau wusste, was sie will. Der Castingprozess hat hier ziemlich lange gedauert, fast ein halbes Jahr, in dem ich mich immer wieder beweisen und zeigen musste, was ich kann. Weil ich an einem Tag nicht so gut war, sagte mir die Regisseurin ‚Jella, ich glaube an Dich, aber da ist etwas in Dir, was Du mir noch nicht gezeigt hast. Du musst mir zum nächsten Termin alles zeigen, was Du kannst’.

Der Film spielt an Weihnachten und es geht um die Bedeutung des Festes für die vier Jugendlichen. Was verbinden Sie persönlich mit Weihnachten?

Wir haben uns gerade wieder alte Weihnachtsvideos angeschaut, denn meine Eltern haben jedes Weihnachtsfest gefilmt. Und bis ich dreizehn Jahre alt war, kam noch der Weihnachtsmann zu uns. Ich verbinde total schöne Gefühle mit Weihnachten. Wir haben Rituale, beispielsweise dass wir am ersten Feiertag bei Oma essen, am zweiten dann bei Opa. Trotzdem ist mit Weihnachten auch immer der Druck verbunden, dass alles gut werden muss. Gerade deswegen kommt es dann manchmal zum Streit, weil eigentlich alles schön sein soll, aber bei den Vorbereitungen dann doch die Fetzen fliegen. Insgesamt bin ich aber doch ein Weihnachtsmensch und finde das Fest schön.

Im Dezember läuft mit der Neuverfilmung von „Heidi“ noch ein zweiter Film mit Ihnen an. Kannten Sie die Geschichte schon aus dem Roman oder aus der alten japanischen Zeichentrickserie?

Ja, ich kannte „Heidi“ durch die Serie, mit der ich aufgewachsen bin. Meine Schwester und ich haben die immer angeschaut, deswegen kann ich auch bis heute das Titellied auswendig. Über die Anfrage zu dem Film habe ich mich wahnsinnig gefreut, das war für mich eine große Ehre, weil ich dadurch ja quasi in einem Kindheitstraum mitspiele! Das war sehr cool und hat Spaß gemacht.

Dann hatten Sie keine Skrupel, dass das Ganze zu kitschig werden könnte?

Ich habe mich einfach sehr gefreut, und nachdem ich das Drehbuch durchgelesen hatte, konnte ich schon darauf schließen, dass es nicht allzu kitschig werden kann. Dann habe ich den Regisseur Alain Gsponer kennen gelernt, und weil da auch einige wahnsinnig gute Schauspieler mit an Bord waren, hatte ich in der Richtung gar keine Befürchtungen mehr. Als bei einer Leseprobe Anuk Steffen durch die Tür kam, wusste ich sofort, dass sie die Idealbesetzung für Heidi ist.

Mit der europäischen Serie „The Team“ haben Sie in diesem Jahr zum ersten Mal auch internationale Luft geschnuppert. War da irgendetwas anders als bei Ihren bisherigen Produktionen?

Es war toll, ich hatte das Gefühl, dass bei dieser Produktion alles flexibler abläuft und dass mehr auf einen eingegangen wird. Bei den Dänen und Schweden geht man pragmatischer an Dinge heran und blockt nicht alles von vorneherein ab, wie das hierzulande oft der Fall ist. Das hat meine Arbeit sehr erleichtert, weil ich während der Dreharbeiten beispielsweise zur Premiere von „Fack ju Göhte“ noch abends nach Deutschland fliegen musste. Sie haben immer alles versucht, damit ich alles unter einen Hut bekomme. Die Regisseurin, Kathrine Windfeld, die leider schon verstorben ist, was mich sehr getroffen hat, hat immer gesagt, dass wir „The Team“ auf die skandinavische Weise drehen, also alles sehr zurückgenommen spielen sollen. Die Deutschen neigen ein bisschen zu Theatralik, und die Skandinavier sind da ganz anders. Ich musste mich sehr zügeln und alles runterfahren, was für mich auch eine interessante neue Erfahrung war.

Mit „Unga Sophie Bell“ haben Sie auch in einem schwedischen Film mitgespielt. Wie ist diese Verbindung zu den skandinavischen Ländern denn zustande gekommen?

Das weiß ich gar nicht! Ich wurde einfach angefragt und bin zum Casting gegangen. Aber ich habe in dem Film auch eine Berlinerin gespielt. Der Film wurde in Malmö gedreht, soll aber teilweise in Berlin spielen, und dafür haben sie wohl eine Deutsche gesucht.

Haben Sie noch eine Wunschrolle, etwas, das Sie besonders gerne einmal spielen würden?

Ich würde sehr gerne mal einen sehr schönen Liebesfilm drehen. Etwas im französischen Stil, so etwas wie „Die Träumer“ fände ich sehr schön.

Interview: Frank Brenner

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