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Ein starkes Gespann: Raymond Ayers (links) und Xavier Moreno als Marquis von Posa und Don Carlo
Foto: Stefan Kühle

Don Carlos an der Ruhr

24. Januar 2013

Philipp Kochheim inszeniert am Theater Hagen – Oper in NRW 02/13

Mit Mitte 50 wollte es Giuseppe Verdi noch einmal wissen. Paris sollte ihm zujubeln für seine letzte „Grand Opéra“, die er für die Weltausstellung 1867 komponiert hatte. 270 Proben und acht Monate dauerte die Einstudierung seines „Don Carlos“ – um am Ende einen frustrierten Komponisten, ein nur mäßig begeistertes Publikum und mäkelnde Kritiker zu hinterlassen. Ganze 20 Jahre und sieben Fassungen später erst machte Verdi seinen Frieden mit dem nunmehr bedeutend kürzeren und überwiegend auf Italienisch aufgeführten „Don Carlo“. Immerhin hat die Nachwelt das Werk zu würdigen gewusst. Den Verdi-Fans gilt es als eines seiner Schönsten.

Trotz aller Straffungen ist die Vertonung des Schillerschen Trauerspiels die längste aller Verdi-Opern geblieben. Am Theater Hagen hat Regisseur Philipp Kochheim die kürzere vieraktige Version des ursprünglichen Fünfakters auf die Bühne gebracht und kommt bereits damit auf dreieinhalb Stunden Aufführungsdauer. Nicht unerheblichen Anteil daran haben die langen Umbaupausen nach jedem Bild. Denn Kochheim setzt auf eine abwechslungsreiche Kulisse und opulente Kostüme, für die Ausstatterin Uta Fink verantwortlich ist.

Aus dem Spanien und Frankreich des 16. Jahrhunderts versetzt Kochheim die Handlung um Liebe, Macht und letztlich mörderische Konventionen an die Ruhr ins ausgehende 19. Jahrhundert. Ist die Epoche noch weitgehend augenfällig, so erschließt sich der regionale Bezug eigentlich nur beim Blick ins Programmheft, in dem der Regisseur ordentlich mit dem Zaunpfahl winkt: „... in Deutschland mag man an die Krupps denken ...“. In großen Teilen passt das schon: der aufrührerische Marquis von Posa als Sozialdemokrat etwa und die Deputierten Flanderns mit Schüppe und Mistgabel als Arbeiter und Bauern. Spätestens beim Großinquisitor als sinistrer, greiser „Mehrheitsaktionär“, den Don Carlos am Ende auch noch über den Haufen schießt, aber endet die Plausibilität.

Kochheim erntete dafür vom Premierenpublikum deutliche Buh-Rufe, Sänger und GMD Florian Ludwig hingegen verdienten Applaus. Held des Abends ist der glänzende Bariton Raymond Ayers als Pona, der den eigentlichen Protagonisten so manches Mal zumindest knapp aussticht. Was nicht bedeutet, dass es an der Leistung des Gasttenors Xavier Moreno etwas auszusetzen gäbe. Ayers und Moreno sind ein starkes Gespann – so stark und stimmgewaltig, dass Dirigent Ludwig im Orchestergraben aufdreht wie selten. Die Männerstimmen können es mit dem entfesselten Orchesterklang noch aufnehmen. Doch an anderer Stelle geht es auch schief. Beim Terzett der Männer mit Kristine Funkhauser als Eboli im zweiten Akt etwa geht die Mezzosopranistin gnadenlos unter – was ihr nicht anzulasten ist, denn sonst singt sie eine sehr hörenswerte und präsente Partie. Gleiches gilt für die Gastsopranistin Tamara Haskin als Elisabetta, die eine bemerkenswerte Vielseitigkeit von jugendlich-lyrischer Zartheit bis zu kräftig-dramatischen Ausbrüchen mit enormen Reserven in den Tiefen unter Beweis stellt.

„Don Carlo“ | Theater Hagen | So 17.2., 18 Uhr | 02331 207 32 18

Karsten Mark

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