Ulrich Köhler, Jahrgang ’69, studierte zunächst Kunst und Philosophie, dann visuelle Kommunikation. „Montag kommen die Fenster“ ist sein zweiter Kinofilm nach seinem gefeierten Spielfilm-Debüt „Bungalow“ von 2002.
trailer: Herr Köhler, „Schlafkrankheit“ spielt in Afrika, Sie haben einen Teil Ihrer Kindheit in Zaire verbracht. Inwieweit ist der Film autobiografisch geprägt?
Ulrich Köhler: Es war mir schon wichtig, ein alltägliches Afrika zu zeigen, so wie ich es erlebt habe und keine exotistischen Klischees. Der Film ist also nicht autobiografisch in Bezug auf die Handlung, aber was meine Kenntnis des Entwicklungshelfermilieus und des Kontinents betrifft schon. Ich kann nur von Lebenswelten erzählen, die ich kenne. Ich habe auch in Deutschland keine Filme über Arbeitslose in Plattenbauten gemacht, sondern über die Mittelschicht in Hessen. Die Welt der Entwicklungshelfer ist mir nicht fremd.
Sie werden häufig dem Realismus der Berliner Schule zugerechnet. Aber bereits in ihrem letzten Film gab es surreale Momente und auch die Inszenierung in „Schlafkrankheit“ ist zunehmend von der Psychologie der Figuren geprägt...
Den ersten Teil des Films könnte man als eine Zustandsbeschreibung sehen, der zweite Teil hat eine stärkere dramaturgische Linie, deren Vorlage mehr oder weniger Joseph Conrads „Heart of Darkness“ ist. Für mich ist das eine Bewegung zu einer stärkeren Fiktionalisierung – zu bekannten Erzählmustern. Surrealismus würde ich nicht sagen, aber mir ist wichtig, die Erzählkonstruktion offenzulegen und die Freiheit zu haben, weniger realistisch, also fiktionaler oder abstrakter werden zu können.
Der Film streift viele Themen: Entfremdung, Entwicklungspolitik, Gesundheitsprobleme, Rassismus und sogar Homosexualität. Wie fanden all diese Komplexe in den Film?
Das sind einfach Themen, die mich beschäftigt haben, es ist nun mal eine komplexe Situation, in der man dort ist. In Afrika gibt es zum Beispiel eine sehr homophobe Gesellschaft und insofern hat das den Schwarzen Alex noch weiter von seinen Wurzeln entfremdet.
„Schlafkrankheit“ ist Ihre erste bilinguale Produktion. Brachte das Probleme mit sich?
Auf jeden Fall. Ich spreche zwar ganz gut Französisch, aber ich habe es nicht in der Schule gelernt und war beim Schreiben des Drehbuchs auf Übersetzer angewiesen. Am Set konnte ich Dialoge nicht so spontan ändern wie bisher. Und als Muttersprachler kann man die Qualität des Spiels einfach besser beurteilen. Hinzu kam, dass der Hauptdarsteller Pierre Bokma als Niederländer auch nicht in seiner Muttersprache spielen konnte.
Auch Tom Tykwer begleitete jüngst Dreharbeiten in Afrika und berichtet von spannenden, aber auch sehr anstrengenden Produktionen. Wie haben Sie die Dreharbeiten in Kamerun erlebt?
Das ganze Equipment musste aus Europa kommen. Wir wollten aber nicht mit einem rein europäischen Team drehen. Dafür, dass unsere Kameruner Kollegen noch nie in den Strukturen gearbeitet haben, die wir gewohnt sind, hat alles sehr gut geklappt. Die Hauptschwierigkeit war, dass die Regenzeit früher begann und wir im Wald teilweise den Dreh abbrechen mussten. Dann war die Größe des Teams für mich psychisch sehr belastend. Ursprünglich wollte ich nur mit 20 Leuten drehen, am Ende waren es 60. In einem Dorf mit ebenso vielen Einwohnern ist das dann eine kleine Invasion – so hatte ich mir das nicht vorgestellt.
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