Der Comiczeichner und -autor Frank Miller („Daredevil“) hat 1986 mit „Batman: The Dark Knight Returns“ Selbstreflexion und Düsternis in die bekannte Serie gebracht. Zusammen mit Robert Rodriguez verfilmte er 2005 überaus erfolgreich seinen eigenen Comic „Sin City“, nun kommt mit der Adaption des Will-Eisner-Klassikers „The Spirit“ sein Soloregiedebüt in unsere Kinos.
choices: Herr Miller, Sie haben hier zum ersten Mal einen Film ganz alleine inszeniert. Warum haben Sie dafür nicht einen eigenen Comic adaptiert?
Frank Miller: Man bot mir „The Spirit“ an. Zunächst wollte ich auch ablehnen und mein eigenes Ding machen. Aber dann erkannte ich, dass ich Will Eisners Werk schützen musste, weil er mein Mentor war. Ich merkte, je mehr Herz und Seele ich hineinsteckte, dass ich Will Eisner nur gerecht werden konnte, wenn ich so abenteuerlustig wie er wäre. Deswegen habe ich ihm nur wenig Respekt erwiesen, weil er sonst aus seinem Grab gestiegen und mich dafür verprügelt hätte, wenn ich da etwas Angestaubtes abgeliefert hätte.
Haben Sie das Farbschema schon im Vorfeld ausgearbeitet oder erst bei der Nachbearbeitung des Films?
Wir haben es während der Arbeit entwickelt, aber Chefkameramann Bill Pope und ich haben schon in einer sehr frühen Phase darüber gesprochen. Das Schöne an künstlerischen Zusammenarbeiten ist, dass man dabei auch etwas über sich selbst lernt, das man noch nicht wusste. Bill Pope sagte einmal: „Du möchtest Farbakzente für emotionale Wahrheit einsetzen, nicht für die reale Wahrheit.“ Und weiß Gott, das stimmte! Bei Comics kann die Farbe den Betrachter darauf hinweisen, was wirklich im Innern einer Figur vor sich geht. Anstatt die Leser mit Tonnen an Farbe zu bombardieren, gibt man ihnen die eine Farbe, die sie zum Nachdenken bringt. Wenn Samuel L. Jackson als Octopus im Samurai-Outfit wütend wird, sieht man hinter ihm eine Nuklearexplosion. Das macht nur dann Sinn, wenn man weiß, dass es hier um seine Emotionen geht. So habe ich Farbe in „The Spirit“ eingesetzt. Spirits rote Krawatte ist ein Symbol seiner Wut. Er wurde ermordet, so etwas vergibt man nicht so ohne weiteres...
Würden Sie zustimmen, dass Comicbuchverfilmungen so etwas wie die Avantgarde des heutigen Filmemachens geworden sind?
Ich glaube, dass Hollywood so etwas von Zeit zu Zeit braucht. Hollywood ist wie eine riesige Glaskugel, sehr abgeschottet, sehr inzestuös, und braucht gelegentlich eine Infusion von außen. In den 1940er und 1950er Jahren bekam es eine solche Infusion von angesehenen Romanautoren. Heutzutage produzieren vor allem schlecht verdienende Comicbuchautoren sehr persönliche Geschichten. Hollywood erkennt das und braucht nun deren Infusion, um am Leben zu bleiben. Das ist ein sehr gesunder Prozess.
Verspüren Sie auch den Drang, Ihre gedruckten Seiten auf die Leinwand zu bringen und damit zum Leben zu erwecken?
Ich entschloss mich, Regie zu führen, weil man als Drehbuchautor ein sehr unglückliches Leben führt. Man ist dann so etwas wie ein Hockey-Puck oder ein Feuerhydrant, an dem die Hunde schon Schlange stehen, um einen anzupinkeln. Wenn man Regie führt, ist man aber wirklich der, der den Film macht, der Kapitän des Schiffs. Nur so kann ich mich mit dem Filmemachen identifizieren.
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