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Riccardo Chailly weist den Weg
Foto: Gerd Mothes

Fauna und Flora

29. Januar 2015

Orchesterreisen bleiben spannend – Klassik am Rhein 02/15

Wer einmal eine Reise tut, der hat viel zu erzählen. Das gilt besonders für Musiker. Sie reisen nämlich in der Regel mit ihren Instrumenten. Und die von den Gaststaaten geforderten Informationen und Auflagen werden in Zeiten reiselustiger Glaubenskrieger und geschärftem Umweltbewusstsein nicht einfacher. Besonders die USA verlangen volle Aufmerksamkeit, wie ein Fachmann des Leipziger Gewandhauses anmerkt: „Der übliche schriftliche Fragebogen für die Einreise ist mittlerweile derart umfangreich, dass man gut 80 Minuten braucht, um ihn auszufüllen – pro Musiker!" Zusätzlich ist der Besuch zum Interview in der US-Botschaft obligatorisch, meist ein lästiges, aber kurzes Scharmützel.

Spannender wird es aber bei der Einfuhr der Instrumente, besonders der wertvollen und meist schon recht alten Liebhaberstücke. Da kann Marco Eckertz, Orchestermanager des in diesen Tagen tourenden Gewandhausorchesters von Albträumen erzählen, die ihn vor Reisen plagen. Es geht um die „Convention on International Trade in Endangered Species of Wild Fauna and Flora", kurz CITES benannt, auch bekannt als „Washingtoner Artenschutzabkommen". Die Informationen, dass historische Geigenbögen Teile aus Elefanten-Elfenbein enthalten, Schildpatt aus Hornschuppen von Meeresschildkröten stammt, Rio-Palisander eine Tropenholzart ist, deren legaler Einschlag nachgewiesen sein muss und deren Verwendung im Holzflötenbereich und bei Gitarren üblich sind, lassen heitere Szenen an den Zöllen nicht nur ahnen. Aus politischen Gründen verlangen die USA seit einem guten halben Jahr für jedes Instrument einen aktuellen CITES-Instrumentenpass. Selbst wenn alles stimmt, sind Imponderabilien wahrscheinlich: Ein Cellobogen der BR-Symphoniker hatte Pottwalzahn verarbeitet, der war zusätzlich verboten.

Das alles verschärft nur die bereits bestehenden Zollschikanen, die in Legenden Niederschlag finden, so über Krystian Zimermans völlig zerstörten Reiseflügel, dessen Leim angeblich merkwürdig roch, oder in der Story von Peter Ruzickas Dirigierstab, den ein Sicherheitsbeamter hier in Deutschland zu Sägemehl verarbeitete, oder von der Konzertmeisterin, die ihre 6-Millionen-€-Stradivari, ein Leihinstrument einer Stiftung, mit 19 % Einfuhrumsatzsteuer belastet sah.

Vielleicht bleiben deshalb das Gewandhausorchester und ihr charismatischer Kapellmeister Riccardo Chailly in diesem Jahr zunächst in Europa und kommen nach Stationen in Madrid, Mailand, Turin, Luxemborg, Brüssel und München endlich auch nach Dortmund und Köln. Sie spielen das Violinkonzert des einstigen Gewandhauskapellmeisters Felix Mendelssohn mit dem jungen Geiger Julian Rachlin, in Dortmund auch das Violinkonzert von Tschaikowsky, und das Orchester klingt absolut original seidig in Werken von Mahler und Rachmaninow wie in der Heimatstadt Leipzig: Sie haben nämlich alle ihre Instrumente dabei.

Do 19.2. 20 Uhr | Kölner Philharmonie
Sa 21.2. 20 Uhr | Konzerthaus Dortmund
So 22.2. 16 Uhr | Konzerthaus Dortmund
Info: www.gewandhaus.de

Olaf Weiden

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