Hannes Lang, 1981 in Brixen in Italien geboren, lernte zunächst Tischlern und Technisches Zeichnen, bevor er an der Kunsthochschule für Medien Köln studierte. „Peak“ ist sein erster Kinofilm.
trailer: Herr Lang, das Thema der landschaftlichen Veränderungen durch den Wintersport ist nicht neu. Was lag Ihnen daran, einen Film darüber zu machen?
Hannes Lang: Ein Film wie „Peak“, der sich mit den sichtbaren Veränderungen der alpinen Landschaften auseinandersetzt, ermöglicht durch sein konkretes Abbilden, dass ein Zuschauer eine konkrete Erfahrung machen kann – dass er sieht, hört, spürt und so im besten Falle Anregungen findet, um sich mit dieser Realität auseinandersetzen zu können. Der Film muss eine Erfahrung für den Zuschauer sein, die er zuvor noch nicht gemacht hat, um einen Prozess in Gang zu bringen. Dabei müssen die Themen nicht immer neu sein – wie sonst könnte es beispielsweise so viele Liebesfilme geben – sondern einen anderen Blickwinkel auf etwas Bekanntes vorschlagen, andere Fragen stellen, die Dinge in einem neuen Kontext zeigen.
Hatten Sie keine Probleme, Drehgenehmigungen oder Statements zu bekommen? Ihr Film preist nicht gerade die Leistungen des Wintersporttourismus …
Es war allen Beteiligten von Anfang an klar, dass „Peak“ kein Imagefilm für die Alpen werden würde. Mir geht es aber nicht darum, den einzelnen Unternehmer zu verteufeln, der versucht, in einer Region, die aufgrund ihrer geologischen Grundvoraussetzungen im globalen Gefüge wenig Überlebenschancen hätte, eine rentable Industrie zu unterhalten. Aber den meisten Menschen wird klar sein, dass wir uns am Limit des Tragbaren befinden. Die Natur kränkelt, die Paradiese gibt es nicht mehr, oder sie müssen durch einen massiven Aufwand an Technik aufrechterhalten werden. Irgendwann folgt einer solchen Überdehnung zwangsläufig ein Bruch. Davon berichten die Protagonisten in meinem Film.
Es gibt vor allem Bilder außerhalb der üblichen Tourismussaison in den Bergen. In welchem Zeitraum fanden die Dreharbeiten statt?
Die Dreharbeiten fanden zu 80% außerhalb der touristischen Hochsaison statt, weil der Film zeigen will, welche Produktionsprozesse hinter dem Skitourismus stecken. All die Bemühungen bleiben dem Touristen verborgen, wenn er im Winter auf perfekten Kunstschneepisten fährt. Ein wenig geht es in „Peak“ deshalb auch darum, den Mythos von unberührter Natur zu entzaubern und unser von Phantasmen geprägtes Naturverständnis zu hinterfragen.
Sehen Sie sich mit Ihrem strengen Stil aus unkommentierten, langen, statischen Einstellungen in einer Tradition ähnlich arbeitender Filmemacher wie Nikolas Geyrhalter oder Michael Glawogger?
Jeder Inhalt braucht eine Form, die ihn soweit spiegelt, dass sie selbst Teil des Inhalts werden kann. Und jedes Bild verdient die Zeit, die es braucht, um einen Zustand beim Zuschauer hervorrufen zu können. Das ist das Grundversprechen des Kinos und wurde sicherlich auch von Filmemachern wie Glawogger und Geyrhalter bedacht. Die Form, die ich für „Peak“ gewählt habe, spiegelt das Artifizielle und das Surreale, das ich in der Landschaft vorgefunden habe. Nur, dass uns beim Schauen eines Filmes im Gegensatz zum Betrachten einer Landschaft bewusst ist, dass es sich um einen Zauber handelt, der auf einer hochkomplexen Technologie basiert.
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