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Regisseur Ali Samadi Ahadi
Paul Schöpfer

Ich denke nicht in Genres

02. März 2011

Regisseur Ali Samadi Ahadi über „The Green Wave“ - Gespräch zum Film 03/11

1972 im Iran geboren, kam Ali Samadi Ahadi 1985 ohne Familie nach Deutschland. Nach dem Abitur in Kassel studierte er Visuelle Kommunikation. Nach „Lost Children“ und „Salami Aleikum“ ist „The Green Wave“ sein dritter Kinofilm.

trailer: Herr Samadi, sie waren gerade beim Sundance Filmfestival in Utah, wo ihr Film als einziger deutscher Beitrag lief. Wie sind die Reaktionen dort ausgefallen?
Ali Samadi Ahadi: Sehr gut! Der Film hat die Zuschauer bewegt, wir hatten Standing Ovations und sehr viele Emotionen. Die Presse war auch toll – es gab unglaublich viele Anfragen und Interviews. Wenn ein Film Menschen erreicht und spannende Fragen aufwirft, dann ist es das, was man sich wünscht.

Als Exil-Iraner betreffen sie die Ereignisse im Iran sehr direkt. Wie haben Sie während der Zeit der Zusammenstöße den Kontakt zu Angehörigen und Freunden gehalten?
Die meisten Informationen kamen von Freunden aus den größeren Städten. Die Verbindungen waren alle gekappt: Wir hatten keinen Telefonkontakt, die Handys waren abgeschaltet, und man kam nur über Proxys aus dem Land raus. Die sicherste Variante, um sich nicht zu gefährden, waren E-Mails.

Die Blogs, über die viele der Informationen durchsickerten, sind die narrative Grundlage für ihren Film. Wie konnten sie den Wahrheitsgehalt der Schilderungen überprüfen?
Wenn man 1500 Seiten Blogs liest und 3500 Seiten Twitternachrichten, und es zeichnet sich immer dasselbe aus unterschiedlichsten Quellen und Perspektiven ab, dann entsteht ein klares Bild von den Ereignissen. Dieses Bild haben wir versucht wiederzugeben. Das spannende an diesen Ereignissen ist auch, dass dieser Informationsfluss nicht mehr zurückgehalten werden kann. Was bislang Monopol dieser Diktaturen war, wurde durchbrochen. Dass man plötzlich auch in der Lage ist, Information selbst zu generieren – das macht die Einzigartigkeit dieser Bewegung aus. Das ist etwas, dass im Moment auch in Tunesien und Ägypten praktiziert wird.

Ihr Film verbindet neben Interviews und originalen Handy- und Filmaufnahmen auch Comicszenen. Es ist recht naheliegend, nach dem Einfluss von „Persepolis“ und „Waltz with Bashir“ zu fragen …
Ich habe diese Filme erst im Nachhinein gesehen. Tatsächlich gibt es aber kaum andere Möglichkeiten. Reenactment hätte verwässert und abgeschwächt. Ich wollte den Texten viel Raum lassen, deswegen fand ich eine abstrakte Animation besser als ein detailliertes Reenactment, das den Ereignissen sowieso nicht entsprechen kann. Motion-Comic, wie ich ihn verwende, hat mit den wesentlich aufwändigeren Frameby- Frame Animationen der beiden anderen Filme aber schon technisch nichts zu tun.

Ihre bisherigen Filme könnten kaum unterschiedlicher sein. Ist der ständige Wechsel von Gattung und Form für Sie eine notwendige Herausforderung?
(lacht) Ich lerne gerne und ich möchte wachsen. Ich denke nicht in Genres, sondern versuche zu verstehen, wie der Stoff von mir erzählt werden will und versuche dem Wusch des Stoffs nachzukommen. Zugleich versuche ich auch so viele Zuschauer wie möglich zu erreichen. Bei „Salami Aleikum“ war es mir wichtig, viele Menschen zu erreichen. Das Thema Heimat und Zugehörigkeit ist eine Herzensangelegenheit, und wie erreicht man die Herzen besser als mit einer Komödie – einem Lächeln? Bei „The Green Wave“ habe ich einen Dokumentarfilm gemacht, weil mir im Moment wohl die Möglichkeit fehlt, aus dem Thema eine Komödie zu machen.

CHRISTIAN MEYER

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