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Denkt über das Universum nach: Julius Feldmeier in „Mein Ende. Dein Anfang.“
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„Alle unsere Handlungen haben miteinander zu tun“

27. November 2019

Julius Feldmeier über „Mein Ende. Dein Anfang.“ – Roter Teppich 12/19

Julius Feldmeier wurde 1987 in Rostock geboren. Seine Schauspielausbildung absolvierte er bis 2012 an der Theaterakademie der Hochschule für Musik und Theater in Hamburg. Nach einem zweijährigen Theaterengagement am Schauspielhaus Graz wurde er mit Katrin Gebbes Arthouse-Hit „Tore tanzt“ bekannt. Es folgten Auftritte in den Kinofilmen „Lou-Andreas Salomé“, „Axolotl Overkill“ und „Blind und hässlich“. Auch in „Babylon Berlin“ war er dabei. Nun spielt er die Hauptrolle in Mariko Minoguchis Langfilmdebüt „Mein Ende. Dein Anfang.“, der am 28. November im Kino anläuft.

trailer: Herr Feldmeier, haben Sie aufgrund des Drehbuchs noch einmal verstärkt über den Unterschied von Zufall und Schicksal nachgedacht?

Julius Feldmeier: Das war mir hinsichtlich des Drehbuchs gar nicht so präsent. Bei mir ist eher die Empfindung hängengeblieben, dass alle unsere Handlungen miteinander zu tun haben. Schicksal und Zufall machen für mein Leben keinen Unterschied, weil ich beides nicht beeinflussen kann. So, wie die Geschichte von „Mein Ende. Dein Anfang.“ gebaut ist, hat die Handlung einer jeden Person mit einer anderen etwas zu tun. Das bewegt sich im Prinzip im Kreis, genau wie die Zeit. Also kann ich versuchen, einen positiven Einfluss auf meine Umwelt und die Menschen, mit denen ich zu tun habe, auszuüben, weil sich das alles im Universum manifestiert. Jede positive und jede negative Handlung hat Bedeutung für die Welt, in der wir leben. Das habe ich aus der Geschichte mitgenommen.

Ein Clou des Films ist seine verschachtelte, nicht chronologische Erzählweise. War das alles schon im Drehbuch so angelegt?

Ja, genau so. Als ich das Drehbuch vor ca. zwei Jahren das erste Mal gelesen habe, stand da zu 95% alles schon so drin, wie es jetzt im Film auftaucht. Ich glaube, zwei Szenen sind herausgefallen, aber ansonsten hatte Mariko Minoguchi (die Regisseurin und Drehbuchautorin; die Red.) die Geschichte schon genau so angelegt. Beim Lesen des Drehbuchs mussten wir Schauspieler deswegen auch alles detektivisch auseinander- und wieder zusammenpuzzeln, bis wir verstanden hatten, was da passiert.

Die Hauptfiguren Aron und Nora sind total verschieden und harmonieren trotzdem sehr gut miteinander. Glauben Sie auch, dass sich Gegensätze anziehen?

Ich weiß nicht, ob sich Gegensätze anziehen, aber ich bin davon überzeugt, und da spreche ich auch aus Erfahrung (lacht), dass Gegensätze miteinander arbeiten und einen positiven Einfluss aufeinander haben können. Dabei hat man immer wieder die Chance, sich gegenseitig zu inspirieren und sich herauszufordern. Ein so gegensätzliches Paar wie Aron und Nora hätte sich im Laufe der Zeit auch immer mehr aneinander angeglichen. In kleinen Szenen im Film wird das auch schon angedeutet, dass die beiden sich eine gemeinsame Welt schaffen, in der sie als Paar ihre gemeinsamen Eigenheiten haben.

Aron ist Doktorand der Physik. Hätten Sie sich mit solch einem Beruf auch anfreunden können?

Nein, gar nicht. Ich bin in Physik relativ früh ausgestiegen. Vielleicht lag das auch an der Schule, auf der ich war, denn die war eher auf Sprachen und Geisteswissenschaften fokussiert. Ich habe dort versucht, Physik, Chemie und Biologie so schnell wie möglich loszuwerden. Mathematik habe ich bis zum Ende gemacht, das ging, aber zu Chemie und Physik hatte ich keinen Zugang.

Déjà-vu-Erlebnisse spielen im Film auch eine Rolle. Können Sie sich an eines erinnern, das Sie einmal hatten und was im Nachhinein total unheimlich war?

Oh, gute Frage. Ich bin mir sicher, dass ich das schon ein paarmal erlebt habe, aber ich kann mich nicht daran erinnern. Ich habe eher das Gefühl, dass das Erlebnis eines Déjà-vus im konkreten Moment total stark ist, dass man sich aber schon kurz danach gar nicht mehr daran erinnern kann.

Mariko Minoguchi hatte davor noch keinen Spielfilm inszeniert. Wollten Sie sich deswegen vor der Zusage ihre Kurzfilme ansehen?

Nein, das war mir nicht wichtig. Ich mache das sowieso sehr selten, auch nicht, wenn mich Studierende anfragen, einen Film mit ihnen zu drehen. Wenn ich das Gefühl habe, dass das Buch und der Text an sich gut sind, oder wenn mich der Ablauf der Kommunikation untereinander überzeugt, dann reicht mir das schon. Dann harmoniert das für mich in diesem konkreten Moment. Das, was davor passiert ist, kann schon ein oder zwei Jahre her sein, dann würde ich Bezug nehmen auf eine vergangene Zeit, obwohl der Regisseur oder die Regisseurin mittlerweile schon weiter ist und sich bereits mit anderen Themen beschäftigt hat. Nein, ich habe das Buch gelesen und mich mit Mariko getroffen und mich lange mit ihr unterhalten. Dann gab es das Casting, und ich wusste, dass ich der Frau vertraue und mit ihr arbeiten will.

„Tore tanzt“ war ein großer Kritikererfolg und hat Ihnen weitere Projekte beschert. Hat er auch schon Ihr Privatleben verändert?

Nein, an meiner Popularität hat sich damals noch nichts verändert. Der Film war ein enormes Glück für mich und hat mir sehr, sehr viel ermöglicht. Ich wurde dadurch auf Branchenveranstaltungen, Premieren oder Berlinale-Partys eingeladen – und kannte dort niemanden! Denn zuvor war ich auf der Schauspielschule gewesen und hatte im Anschluss zwei Jahre in Graz Theater gespielt. Zu der deutschen Filmbranche hatte ich keinerlei Verbindung. Auf diesen Veranstaltungen war ich deswegen ziemlich verloren, aber es sind dann oft Leute auf mich zugekommen, Kolleginnen und Kollegen oder auch Filmemacher, die mich auf meine Rolle in „Tore tanzt“ angesprochen und mich dafür gelobt haben. Auch bei Castings habe ich oft für Verwunderung gesorgt, weil ich so gut Small Talk führen kann – viele dachten damals, dass ich ein völlig verstörter Soziopath sein müsste, auch das ist mir passiert. Dass ich auf der Straße erkannt werde, liegt in erster Linie am „Tatort: Die letzte Wiesn“, bei dem ich 2015 mitgewirkt habe.

Mittlerweile waren Sie ja auch in „Babylon Berlin“ und in der Neuverfilmung von „Das Boot“ dabei, da sind also weitere Rollen dazugekommen, die Ihre Popularität gesteigert haben dürften...

Es ist wirklich vor allem die Rolle im „Tatort“, denn das haben zehn Millionen Menschen gesehen, mittlerweile sind es vielleicht eher 15 Millionen, weil er ja schon einige Male wiederholt wurde. Das war auch wirklich eine tolle Arbeit, übrigens mit dem Kameramann von „Tore tanzt“ zusammen, Moritz Schultheiß. „Das Boot“ lief bislang ja nur auf Sky, kann sein, dass sich das dann ändert, wenn es Anfang 2020 im ZDF ausgestrahlt wird. Und bei „Babylon Berlin“ gibt es ja einen so riesigen Figurenkosmos. Es gibt nur wenige Menschen, die mich darin erkannt haben, denn ich laufe privat mit Brille und Locken herum, und in „Babylon“ habe ich eine Mütze auf und keine Brille. Ich werde insgesamt nicht so oft erkannt, und ich finde das auch ganz angenehm.

Mit „6Minuten66“ haben Sie in diesem Jahr einen Film als Regisseur gedreht. Gehen Ihre Ambitionen in diese Richtung?

Ich habe den Film ja mit meiner Frau Katja zusammen gemacht. In dieser Zusammenarbeit haben wir gemerkt, dass es wahnsinnig anstrengend ist, Privatleben und Arbeit miteinander zu verbinden. Gleichzeitig haben wir über die Jahre aber auch gelernt, gute Sparring-Partner füreinander zu sein, dass man sich gegenseitig herausfordert und in einen guten Diskurs miteinander tritt. Wenn, dann habe ich auf jeden Fall wieder Lust, mit ihr zusammen etwas zu machen. Es gibt den ersten Entwurf eines Drehbuchs, das meine Frau geschrieben hat. Das ist aber noch nicht konkret, sondern erst in der Planung.

In „6Minuten66“ sind ja viele Kollegen aus der Berliner Filmszene mit dabei – da scheinen Sie also mittlerweile fest angekommen zu sein?

Ja, total. Das hat sich nach „Tore tanzt“ alles komplett verändert. Die Regisseurinnen und Regisseure, die wir in „6Minuten66“ versammelt haben, hatte ich davor schon zum Großteil persönlich kennengelernt und teilweise sogar schon zusammengearbeitet. Christian Schwochow ist dabei, Dietrich Brüggemann, die Brüder Jakob und Tom Lass, Helene Hegemann, Thomas Stuber. Das hat mir gezeigt, dass ich mittlerweile doch sehr gut in der Branche vernetzt bin.

Sie arbeiten in den unterschiedlichsten Bereichen, für Fernsehen, Theater und Film, wie lässt sich das alles koordinieren?

Ich habe eigentlich viel Freizeit. Ich freue mich, dass es nach viel aussieht, andererseits treffe ich auch Caster, die glauben, dass ich keine Zeit habe, aber ich habe Zeit (lacht). Ich habe meistens kein Problem, die verschiedenen Sachen unter einen Hut zu bringen. Ich nehme mir auch Zeit für Dinge, die mir wichtig sind. Sport, Freunde und kultureller Input spielen für mich eine extrem große Rolle, auch, damit ich dann im Anschluss in meiner Arbeit gut funktioniere und inspiriert bin.

Interview: Frank Brenner

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