Eine Industriegenossenschaft, die zum zehntgrößten Unternehmen Spaniens avanciert ist – das ist keine sozialistische Märchengeschichte, sondern die Mondragón Corporación Cooperativa (MCC). Arbeiter:innen gehören Unternehmensanteile und sie gestalten sie ihr Unternehmen aktiv mit – mit dem Anspruch, soziale und ökologische Interessen zu berücksichtigen.
Demokratische Grundsätze
Diegrößte Industriegenossenschaft der Welthandelt mit verschiedenen internationalen Partner:innen. Nach wie vor hat sie ihren Sitz in den Bergen des Baskenlandes. Die Anfänge von MCC sind eng mit der Niederlage der Republik gegen das Franco-Regime im spanischen Bürgerkrieg verknüpft. Daraufhin war das Baskenland auf Hilfe zur Selbsthilfe angewiesen. So entstanden in der Gemeinde Arraste-Mondragón ein erster genossenschaftlich organisierter Betrieb, der Heizöfen produzierte, sowie familienorientierte Vereine und eine gemeinschaftlich finanzierte Berufsfachschule.
MCC wurde 1956 offiziell gegründet und befindet sich seitdem in den Händen ihrer Arbeiterschaft. Heute halten über zwei Drittel der rund 70.000 Beschäftigten Genossenschaftsanteile. Damit gelten sie als assoziierte Kleinproduzenten:innen und profitieren direkt von den Unternehmensgewinnen.
Souverän Arbeit
Nach Ablauf der Probezeit kann jede:r Arbeiter:in Genossenschaftsanteile erwerben und wird mit einem Kredit der Genossenschaftsbank unterstützt, sollte das nötige Kapital fehlen. Zentrale Entscheidungen über Investitionen, Kapitaleinsatz oder Lohnabstände werden von den gleichberechtigten Genossenschaftler:innen zusammen getroffen. Für den Verkauf von Anteilen gibt es Reglungen, die verhindern sollen, dass externe Gruppen Einfluss auf die Genossenschaft erhalten.
Kritik aus eigenen Reihen
Teile der Belegschaft haben sich mit der Umsetzung der demokratischen Prinzipien allerdings unzufrieden gezeigt. Mehrere Teilgenossenschaften haben sich daraufhin von MCC abgespalten. Sie kritisierten unter anderem, dass es bei der Partizipation der Belegschaft mit der wachsenden Größe des Unternehmens Rückschritte gegeben habe. Dennoch ist ein genossenschaftlich organisiertes Unternehmen in dieser Größenordnung weltweit etwas besonderes. Es zeigt, dass Alternativen zu herkömmlichen Unternehmensstrukturen möglich sind.
Wettbewerbsfähig in die Zukunft
MCC will nachhaltiger werden. Laut dem Jahresreport 2022 werden zu 80 Prozent erneuerbare Energien bezogen. Im Rahmen der 2021 ins Leben gerufenen Initiative „Ekiola“ schließen sich insbesondere Genossenschaftler:innen aus dem Baskenland zu Energiegemeinschaften zusammen, um durch die Errichtung kleiner Solarparks ihren eigenen Strombedarf abzudecken.
GEBEN UND NEHMEN - Aktiv im Thema
deutsche-stiftung-engagement-und-ehrenamt.de | Die seit Juli 2020 tätige Bundesstiftung versteht sich als Servicestelle, die u.a. kleinen Initiativen beim Aufbau der erforderlichen Strukturen hilft.
b-b-e.de/faq | Das Bundesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement, hat zum Ziel „die Bürgergesellschaft und bürgerschaftliches Engagement in allen Gesellschafts- und Politikbereichen nachhaltig zu fördern“.
zukunftsinstitut.de/dossier/dossier-wir-gesellschaft | Das Zukunftsinstitut versammelt Beiträge zu einer solidarischen Wir-Gesellschaft.
Fragen der Zeit: Wie wollen wir leben?
Schreiben Sie uns unter meinung@trailer-ruhr.de
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Weihnachtswunder
Intro – Geben und nehmen
Man gönnt anderen ja sonst nichts
Teil 1: Leitartikel – Zur Weihnachtszeit treten die Widersprüche unseres Wohlstands offen zutage
„Dieses falsche Gesellschaftsbild korrigieren“
Teil 1: Interview – Philosoph Jan Skudlarek über Freiheit und Gemeinwohl
Mit Oma auf die Straße
Teil 1: Lokale Initiativen – Die Bochumer Ortsgruppe der Omas gegen Rechts
Es ist nicht die Natur, Dummkopf!
Teil 2: Leitartikel – Es ist pure Ideologie, unsere Wirtschafts- und Sozialordnung als etwas Natürliches auszugeben
„Gier ist eine Systemeigenschaft im Finanzsektor“
Teil 2: Interview – Soziologe Sighard Neckel über Maßlosigkeit im Kapitalismus
Menschenrechte vor Dividenden
Teil 2: Lokale Initiativen – Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre in Köln
Wo komm ich her, wo will ich hin?
Teil 3: Leitartikel – Der Mensch zwischen Prägung und Selbstreifung
„Die Klimakrise rational zu begreifen reicht nicht“
Teil 3: Interview – Neurowissenschaftler Joachim Bauer über unser Verhältnis zur Natur
Etwas zurückgeben
Teil 3: Lokale Initiativen – Wuppertals Zentrum für gute Taten e.V.
Neidischheit und Geiz und Reichheit
Die Reichen sind geizig und die Armen neidisch. Klare Sache? – Glosse
Das Recht jedes Menschen
Die Flüchtlings-NGO Aditus Foundation auf Malta – Europa-Vorbild Malta
Unglaublich, aber essbar
Todmorden und die Idee der „essbaren Stadt“ – Europa-Vorbild England
Spielglück ohne Glücksspiel
Gegen teure Belohnungen in Videospielen – Europa-Vorbild: Belgien
Soziale Energiewende
Klimaschutz in Bürgerhand: Das Energy Sharing – Europa-Vorbild: Österreich
Exorzismus der Geisternetze
Bekämpfung von illegaler und undokumentierter Fischerei – Europa-Vorbild: Italien
Fessel für die Freiheit
Elektronische Fußfessel für häusliche Gewalttäter – Europa-Vorbild: Spanien
Grasen für die Natur
Wisente in den Karpaten schützen Klima und Artenvielfalt – Europa-Vorbild Rumänien
Zurück in die Freiheit
Geringe Rückfallquote bei Strafgefangenen – Europa-Vorbild Norwegen
Bildung für mehr Miteinander
Pflichtfach Empathie – Europa-Vorbild Dänemark
Soziale Bakterien
Den Ursprüngen sozialer Phobien auf der Spur – Europa-Vorbild: Irland
Ungefilterte Schönheit
Regeln für Influencer – Europa-Vorbild: Frankreich
Alltag ohne Hindernisse
Städtische Barrierefreiheit – Europa-Vorbild Schweden
Wir müssen reden!
Bürgerräte als demokratische Innovation – Europa-Vorbild: Belgien
Menschenrecht gegen Polizeikontrolle
Die Allianz gegen Racial Profiling – Europa-Vorbild: Schweiz