Navid Kermani erzählt in seinem neuen Roman „Das Alphabet bis S“ aus der Perspektive einer Frau. Seine namenslose Ich-Erzählerin durchlebt eine Lebenskrise: Ihr Mann verlässt sie, ihre Mutter stirbt und ihr Sohn erleidet einen Herzinfarkt. Ein wenig erinnern diese Schickschalschläge an Kermanis Roman „Dein Name“, damals noch aus männlicher Perspektive. Nun erfolgt eine Art Gegenstück, eine 600 Seiten lange Mischung aus Autofiktion, Tagebuch und Essay.
„Das Alphabet bis S“ gehört zu den vielbeachteten Neuerscheinungen des Buchherbstes, die beim diesjährigen Literaturfestival zu hören sind. Begleitet wird Kermani bei seiner Lektüre von der Pianistin Pi-hsien Chen sowie dem Komponisten und Percussionisten Manos Tsangaris. Damit ergibt sich auf der Bühne des Domicil ein Mix aus Lesung, Musik und Improvisation, was wiederum zum in den Imperativ gepressten Motto passt: „Hört“. Zu lauschen ist vom 2. bis 11. November ein vielfältiges Programm, das von Slam Poetry (oder Comedy) von Sandra Da Vina und Katinka Buddenkotte über Jörg Hilberts Kinderbuchklassiker „Ritter Rost“ bis hin zur bestimmt einzigartigen Akustik in der Heimkabine des Westfalenstadions reicht.
Dort referiert der Sportjournalist Christoph Biermann über die „Die wahre Geschichte des modernen Fußballs von 1992 bis heute“. Bei der Kompendium-Veranstaltung in der Gästekabine dagegen unterhalten die Journalisten Claudio Catuogno und Christof Kneer mit Fußballreportagen. Um eine Akustik der E-Kultur dreht sich indes das Romandebüt von Edgar Selge, aus dem der Schauspieler bei LesArt liest. In „Hast du uns endlich gefunden“, erzählt der 73-Jährige von einer Kindheit in der Nachkriegszeit, vom Verhältnis zum Vater, einem gewalttätigen Gefängnisdirektor, und von ihrer gemeinsamen Liebe zur klassischen Musik. Mit dem Versagen der gesellschaftlichen Systeme, die einst für Sicherheit und Gerechtigkeit sorgen sollten, beschäftigt sich Alice Hasters in ihrem Buch „Identitätskrise“, in dem sie die Selbstfindungsdilemmas der Gegenwart beleuchtet.
LesArt 2023 | 2.11. - 11.11 | div. Orte in Dortmund | www.lesart.ruhr
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Gespräch über die Liebe
„In einem Zug“ von Daniel Glattauer – Textwelten 01/25
Mit KI aus der Zwangslage
„Täuschend echt“ von Charles Lewinsky – Literatur 01/25
Unfall oder Mord?
Jens Prüss-Lesung in der Düsseldorfer Zentralbibliothek
Schriftstellerin im Exil
Maria Stepanova liest bei Proust in Essen
Vorlesestunde mit Onkel Max
Max Goldt in den Kammerspielen Bochum – Literatur 01/25
Doppelte Enthüllung
„Sputnik“ von Nikita Afanasjew – Literatur 12/24
Eine wahre Liebesgeschichte
Thomas Strässles „Fluchtnovelle“ – Textwelten 12/24
ABC-Architektur
„Buchstabenhausen“ von Jonas Tjäder und Maja Knochenhauer – Vorlesung 11/24
Übergänge leicht gemacht
„Tschüss und Kuss“ von Barbara Weber-Eisenmann – Vorlesung 11/24
Auch Frauen können Helden sein
„Die Frauen jenseits des Flusses“ von Kristin Hannah – Literatur 11/24
Die zärtlichen Geister
„Wir Gespenster“ von Michael Kumpfmüller – Textwelten 11/24
Literatur in Höchstform
25. LesArt.Festival in Dortmund – Festival 11/24
Massenhaft Meisterschaft
Neue Comics von alten Hasen – ComicKultur 01/25
Kampf den weißen Blättern
Zwischen (Auto-)Biografie und Zeitgeschichte – ComicKultur 12/24
Zwischen Utopie und Ökoterrorismus
Tagung „Klimafiktionen“ in Bochum – Literatur 12/24
Das Über-Du
Auftakt von Literaturdistrikt mit Dietmar Dath und Wolfgang M. Schmitt – 11/24
Comics über Comics
Originelle neue Graphic Novels – ComicKultur 11/24