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"For Rent. A Louer"
Foto: Herman Sorgelos

Mit offenen Augen träumen

27. April 2012

Peeping Tom zeigt nie gesehene Tanzbilder – Tanz in NRW 05/12

Es kann vorkommen, dass die Gedanken, während man noch mit jemandem spricht, abschweifen und sich mit anderen Dingen beschäftigen. Sprechen und Denken bewegen sich dann in unterschiedlichen Welten. Eine Situation, die Gabriela Carrizo und Franck Chartier, die beiden Chef-Choreographen der Brüsseler Tanzkompagnie Peeping Tom zu ihrer neuen Produktion „For Rent. A Louer“ im Schauspiel Köln inspiriert hat. Der Titel bezieht sich auf den Ort des Geschehens, ein Theater, das von einem Brand beschädigt ist. Dort ziehen die Handlungsstränge wie Wolken vorbei. Unerwartet schiebt sich in die Szene zwischen einem Diener und seiner Dienstherrin die Aufregung um eine Sängerin, die von ihren Fans verfolgt wird.

Die Atmosphäre wechselt zwischen leisem Horror im Stil eines David Lynch, einer Familienszene wie aus einem Ibsen Stück und der altmodischen Gemütlichkeit eines Agatha Christie Romans. Tanz und Schauspiel verschmelzen mit einer Selbstverständlichkeit, die man auch im Tanztheater einer Pina Bausch so flüssig und überzeugend selten zu sehen bekam. Carrizo und Chartier bespielen das Theater als einen Ort des Traums, den jeder für seine Gedanken und Fantasien mieten kann, in dem jederzeit alles möglich ist, ein Ort des Abenteuers an dem es keine Sicherheit gibt.

So konsequent wie sich die Sujets durchdringen, so virtuos wechseln auch die Medien, denn neben dem Theater, dem Tanz und dem Gesang arbeitet Peeping Tom auch mit Geräuschen und Filmelementen. Als säße man am Mischpult und würde die Regler hinauf und hinunter schieben, um Ton und Bild zu beschleunigen oder zu verlangsamen, so virtuos werden hier akustische und visuelle Effekte eingesetzt. Mit dem fantastischen Einsatz der drei Tänzer (Jos Baker, Hun-Mok Jung und Seoljin Kim) werden die Verzerrungen, Beschleunigungen und die Zeitlupe in tänzerische Bilder, Figuren und Kombinationen übersetzt, die man nie zuvor zu Gesicht bekommen hat. Körper werden in die Länge gezogen oder die Tänzer fallen auf Gesicht und Brust, dass man glauben könnte, sie seien tatsächlich nur noch Bildprojektionen, die jedem technischen Befehl folgen könnten. Darin ist Komik, Grazie, eine Spur Gewalt und grenzenloses Überraschungspotential enthalten. Selbstverständlich gab es tosenden Beifall für diese Produktion, in der mit offenen Augen geträumt wird. Wieder ein Kronjuwel in der Reihe der Kölner Tanz-Gastspiele.

Thomas Linden

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