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Andrea Lucas mit Judith Nüßler (vorne); Gitta Roser (hinten)
Foto: Frank Domahs

Tanz auf dem Kühlschrank

18. Oktober 2011

Die „monteure“ mit Jugendstück über Magersucht – Tanz in NRW 10/11

Irgendwann ist allen klar, dass die Katastrophe hereingebrochen ist. Schon seit geraumer Zeit hatte nichts mehr in der Familie gestimmt, nur sprach niemand darüber. Aber am Esstisch, da lassen sich die Verwerfungen innerhalb eines Familienverbands wie in einem Brennglas beobachten. Mareike aß nichts mehr, nahm innerhalb von vier Monaten 22 Kilo ab, war bald nur noch ein „Schattenriss“. So nennen die „theater monteure“ ihre neue Produktion, die sie jetzt im Kölner Bürgerhaus Stollwerck vorstellten.

Das Essen ist ein Medium, über das wir Botschaften an unser Umfeld senden. Andi Lucas und Britta Lieberknecht entwickelten zunächst die Geschichte und den Text für Jugendliche, der sich um die offensichtlichen und die verborgenen Symptome der Magersucht dreht. Britta Lieberknecht inszenierte dann das Drama um Mareike, die am Esstisch zickt. Ein Konflikt, bei dem manchmal die Tränen fließen, weil er so traurig ist, und manchmal, weil er mit so viel Humor erzählt ist. Eine Wucht stellt etwa der Tanz auf dem Kühlschrank dar. Gitta Roser agiert mit einer Power in Geste und Tempo, die das Stück mächtig unter Dampf bringt. Judith Nüßler gibt Mareike die zarte Note und Andi Lucas als ehrgeizige Mutter tyrannisiert mit ihrem Drang zu Perfektion und Sauberkeit die ganze Truppe. Zu der zählen auch Sebastian Grams, Leonhard Huhn und Axel Lindner, drei Musiker, die mit ihrem Spiel das Geschehen kommentieren oder ihm in Klängen seine Fortsetzung liefern.

Eine runde, ausgeschlafene Produktion zeigen die monteure, die Handlung öffnet sich immer wieder in packenden Bildern von Fressorgien, mächtigem Geschrei und den stillen Momenten, wenn Abschied genommen wird oder man darauf horcht, was sich hinter den Vorstellungen von Dünnsein und Kontrolle verbirgt. Dass manche Szenen einen Tick früher gewechselt werden könnten, fällt nicht so ins Gewicht angesichts des großzügigen Umgangs mit Ideen und Spielfreude. Hier wurde gut recherchiert und ein Thema, das die Gefahr des Theoretisierens in sich birgt, klar und doch anrührend in Bewegung von Tanz, Musik und Schauspiel aufgelöst.

theater monteure: schattenriss | Bürgerhaus Stollwerck, Dreikönigenstr. 23, Köln | 0221 991 10 80 | Termine unter: www.theater-monteure.de

Thomas Linden

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