Keine der klassischen Künste muss in der Moderne so beständig um ihre Anerkennung kämpfen wie der Tanz. Kein Wunder, dass sich die Förderung des Tanzes als ein so zähes Ringen darstellt. Tatsächlich fehlt vielen Menschen – darunter manchen „Entscheidungsträgern“ der öffentlichen Hand – die Begegnung und das Erlebnis mit jenem Füllhorn an künstlerischer Innovation, das der zeitgenössische Tanz zu bieten hat. An Gelegenheiten, diesen Zustand zu ändern, mangelt es jedoch nicht. So richtet das NRW Landesbüro Tanz vom 29. August bis 1. September in Düsseldorf die alle zwei Jahre stattfindende Internationale Tanzmesse NRW aus.
Mehr als 50 internationale Kompanien kommen an den Rhein, um sich zu zeigen, Kontakte zu knüpfen, Produzenten auf sich aufmerksam zu machen oder Freundschaften mit hiesigen Kompanien zu schließen und im Austausch ihre Produktionen zu spielen. Ein idealer Einstieg ins Metier für ein interessiertes Publikum, das die Sprachen des Tanzes in ihrer überraschenden Vielfalt erleben möchte. „Schwanensee“ war gestern und ist heute. So stellt das Tanzhaus NRW die aufsehenerregende Produktion „Swan“ von Luc Petton vor, in der seine Tänzer auf der Bühne mit Schwänen agieren. Jahrelange Beschäftigung mit den Gewohnheiten der Tiere ging der Choreographie voraus, die Struktur und Spontaneität auf verblüffende Weise miteinander verbindet. In der Deutschen Oper am Rhein ist zur Eröffnung die Maschinen-Choreographie „Robocygne“ der Schwedin Unander-Scharin zu sehen, in der die Gefühle der Menschen über der Bewegung eines mechanischen Tiers entfacht werden.
Die Messe nutzt die Möglichkeit, uns die Ästhetik von Tanztraditionen zu zeigen, die nur selten Eingang in den hiesigen Veranstaltungskalender finden. So präsentiert die Eröffnung Kostproben aus Taiwan, dem Schwerpunktland dieses Jahres. Formationstanz in Perfektion verspricht Cloud Gate 2 mit seiner Produktion „The Wall“, und die legendäre Choreographin Lee-Chen Lin zeigt puristische, aber gleichwohl bildgewaltige Choreographien, die mit den Phänomenen Langsamkeit und Expressivität arbeiten. Auch Martin Schläpfer ist mit seinem Ballett am Rhein und der Produktion „Forellenquintett“ auf der Messe vertreten. Wobei sich bei Kompanien wie Schläpfers Ensemble die Frage stellt, ob die Großen der Branche tatsächlich die Messe als Kontaktbörse benötigen angesichts ihrer ohnehin üppig gebuchten Gastspieltourneen. Erfreulich, dass den Künstlern aus NRW die Möglichkeit geboten wird, sich in den „Open Studios“ zu präsentieren und über ihre Arbeit zu berichten. Andererseits könnten die NRW-Kompanien durchaus ein wenig nachdrücklicher in die erste Reihe der Messe geschoben werden, denn der Tanz gehört zu den interessantesten Exportgütern, die NRW im Kulturbereich zu bieten hat.
Eine Trumpfkarte des Messe-Programms sind die kleinen Formate. Der Koreaner Nam Jim Kim zeigt etwa seine verstörende Performance „Crazy Swan Lake“, in der vom Schwan angesichts der grassierenden Umweltverschmutzung nur noch Knochen übrig bleiben. Der Russe Alexander Andriyashkin mischt das Publikum in „I will try“ mit seiner spontanen Street-Performance auf, die mit jeder Vorstellung eine andere Story erhält.
Tanzmesse NRW I 29.8.-1.9. I Düsseldorf I www.tanzmesse-nrw.com
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