Andreas Coerper, Jahrgang ‘55, studierte zunächst Kunst. Zu Gunsten seiner satirischen Regiearbeiten für das Fernsehen wandte er sich von der Bildenden Kunst ab. „Heimatkunde“, wie alle Filme zusammen mit Susanne Müller als SMAC entstanden, ist sein erster Kinofilm.
trailer: Herr Coerper, wie sind Sie auf Martin Sonneborn als Protagonisten gekommen, welche Qualitäten waren für die ‚Rolle’ des Wanderers von Bedeutung?
Andreas Coerper: Wir arbeiten mit Martin Sonneborn seit 1995 zusammen. Für Sendungen wie „Extra 3“ im NDR und Küppersbuschs „Privatfernsehen“ im WDR oder für Arte haben wir gemeinsam satirische Filme produziert. Für die Rolle des Wanderers waren Qualitäten wie psychische und physische Belastbarkeit, Eloquenz und gutes Aussehen Voraussetzung. Außerdem musste der Bewerber Vorsitzender einer dubiosen Partei sein. Nachdem Angela Merkel und Guido Westerwelle beim Casting durchgefallen waren, entschieden wir uns für Martin Sonneborn. Nur er konnte in allen Punkten überzeugen.
Hat er dann die Richtung vorgegeben, die Kontakte selber spontan gewählt und hergestellt, oder wie sahen die Vorgaben aus?
Die Richtung der Wanderung, gegen den Uhrzeigersinn, von Gut nach Böse, von West nach Ost, wurde uns durch die Geschichte aufgezwungen. Wir hatten zwar vor der Wanderung viele Wochen lang recherchiert. Die Ergebnisse dieser Recherche wurden jedoch durch die hohe Dichte spontaner Begegnungen während der Wanderung nutzlos. Martin Sonneborn zeichnet sich durch eine überdurchschnittliche Kontaktfreudigkeit aus und musste nur zu einigen, wenigen Kontakten wie mit dem Poolwasser eines Kleingärtners durch die Regie gezwungen werden.
Der Film erinnert an Genrezwitter zwischen Dokumentation und Parodie wie „Deckname Dennis“ oder „Borat“. In welcher Tradition sehen Sie den Film?
„Heimatkunde“ filmhistorisch einzuordnen würden wir lieber den Filmhistorikern überlassen. „Heimatkunde“ war aber bereits abgedreht, als „Borat“ in die deutschen Kinos kam. Als abgebrochene Kunststudenten, erfahrene Drehschweine und Autodidakten sehen wir uns eher in der Tradition Leni Riefenstahls. Heimatkunde ist da nur eine Fingerübung für unser nächstes Auftragsprojekt „Die Partei“, das wir im Auftrag der Partei für „Die Partei“ drehen. Als Studenten schätzten wir die Arbeiten von D.A. Pennebaker, Michael Moore, Klaus Wyborny, Rüdiger Neumann und den italienischen Neorealismus.
Warum konnte kein regulärer Verleih für den Film gewonnen werden?
Gute Frage! Es gab mehrere Verleiher, die vom Film überzeugt waren, nicht aber von einer erfolgreichen Vermarktung.
Was erwartet uns bei der für den Sommer 2009 angekündigten Dokumentation „Die Partei“ über Sonneborns gleichnamige politische Organisation?
Der Film „Die Partei“ ist ein reiner Propagandafilm. Das unmoralische und schmierige Machwerk wird in völlig unausgewogener und parteiischer Art und Weise die Geburt, den Aufstieg und die finale Machtergreifung der Partei „Die Partei“ erzählen. In der Hauptrolle wird der Demagoge Martin Sonneborn zu sehen sein. In Nebenrollen sind Heinz Strunk, Rocko Schamoni, Helge Schneider und viele mehr zu sehen.
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