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Wie die Iraner wirklich ticken

24. Januar 2013

Regisseur Till Schauder über seinen Film „Der Iran Job“ – Gespräch zum Film 02/13

Till Schauder, ’71 in Seattle geboren und in Göttingen aufgewachsen, studierte in München Film, erhielt ein DAAD-Stipendium und ging nach New York. „Der Iran Job“ ist sein dritter Langfilm.

trailer: Herr Schauder, wie frei konnten Sie im Iran drehen?

Till Schauder: Da die iranischen Behörden sowohl das Journalistenvisum als auch eine offizielle Drehgenehmigung verweigerten, musste ich den Film unterm Radar drehen. Ich bin als Tourist eingereist und habe mit kleinster Ausrüstung gedreht, um nicht weiter aufzufallen. Das Drehen im Iran war erstaunlich einfach – aber es war im Nachhinein ein großes Risiko. Bei meiner letzten Reise in den Iran wurde ich schließlich am Flughafen festgenommen. Mir wurde gesagt, dass ich auf einer schwarzen Liste stehe und das Land nicht mehr betreten dürfe. Die iranische Grenzpolizei hielt mich glücklicherweise nur für eine Nacht fest. Am nächsten Tag schickten sie mich mit dem ersten Flugzeug zurück nach New York. Damals ärgerte ich mich darüber, weil es den weiteren Dreh sehr erschwerte. Aber eigentlich hatte ich großes Glück.

Wie haben Sie das Material außer Landes gebracht? Darunter waren ja auch für die drei Frauen nicht ungefährliche Aufnahmen?

Aufgrund des Embargos gegen den Iran ist es von amerikanischer Seite verboten, Medienträger aus dem Iran in die USA einzuführen. Den Großteil des Materials schickte ich zu meiner Mutter nach Deutschland, von wo aus sie es dann nach New York weiterschickte. Die besten fünf Kassetten versteckte ich jedoch in meiner Unterwäsche und schaffte sie so außer Landes. Was die drei Frauen betrifft: Sie haben während der Dreharbeiten im Iran zugestimmt, im Film mitzuwirken. Allerdings war mir klar, dass sie eine endgültige Entscheidung vernünftigerweise erst dann treffen können, wenn der Film fertiggestellt ist. Zu meiner Überraschung gab es keine Änderungswünsche. Eine der Frauen sagte mir wörtlich, dass der Film ihr möglicherweise Schwierigkeiten im Iran machen werde, sie aber stolz auf den Film sei. „Ich will, dass du ihn so veröffentlichst, damit die Welt sieht, wie es dort ist, wie wir Iraner wirklich ticken“, hat sie gesagt. Zwei der drei Frauen sind mittlerweile nicht mehr im Iran, weil sie im Ausland studieren wollten, und werden nun erst mal nicht zurückkehren. Eine der beiden hat aufgrund des Films politisches Asyl in England erhalten. Unsere größte Sorge ist die dritte Frau, die immer noch im Iran lebt. Sie wurde nach dem US-Kinostart mehrere Male von der Geheimpolizei verhört. Ihr Telefon wird abgehört und ihre E-Mail ist angezapft – ich erhalte regelmäßig E-Mails von „ihr“, die aber tatsächlich vom Geheimdienst sind. Nach letztem Stand ist sie jedoch wohlauf, und sie war offenbar bisher nicht in Haft. Aber wir beobachten die Situation sehr genau.

Im Film ist viel iranischer Rap zu hören, einmal sieht man iranische Emos durchs Bild laufen. Haben Sie Spuren iranischer Subkultur erlebt bzw. deren Verfolgung durch die Milizen?

Die Subkultur sieht man, sobald man im Iran in ein Haus eingeladen wird. Man könnte fast glauben, die ganze Gesellschaft lebt eine Subkultur, denn die wenigsten sind mit den Umständen im Iran zufrieden, und sobald sie in den eigenen vier Wänden sind, drücken sie das auch offen aus. Rap zu hören oder zu produzieren ist im Iran verboten – dennoch hört fast jeder Jugendliche im Auto oder in den eigenen vier Wänden Rap. Und es wird sehr guter Rap und auch Hip-Hop dort produziert – alles natürlich im Untergrund. Die Verfolgung von Künstlern im Iran ist eine konstante Realität.

INTERVIEW: CHRISTIAN MEYER

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