Jukka Schmidt und Christian Mrasek, beide Jahrgang 1970, haben bereits mehrere Kurzfilme gedreht, Mrasek mit „Die Quereinsteigerinnen“ auch einen Langspielfilm. Sie leben beide in Köln und gehören zu dem losen Verbund von Filmemachern der so genannten „Kölner Gruppe“.
„Hans Dampf“ ist ein ungewöhnlicher Low Budget-Film. Wie gestaltete sich die Finanzierung?
Jukka Schmidt: Recht simpel: Wir hatten Geld von der kulturellen Abteilung der Film- und Medienstiftung bekommen – ungefähr in Höhe eines Zwanzigstel Tatort-Budgets. Alle Leute im Team haben dann erst mal für Spesen mitgearbeitet. Durch eine erfolgreiche Crowdfunding-Aktion konnten wir uns schließlich auch noch gute Musik und guten Sound leisten. Die kleinen Verlage und Firmen sind uns dabei alle sehr entgegengekommen. Ähnlich wie Hans haben wir dann alles eingetauscht und dank Realfiction kommt der Film jetzt wie erträumt in die Kinos.
Viele Dialoge und zum Teil auch ganze Handlungselemente wirken improvisiert. Wie sehr war Improvisation Teil der Arbeit?
Christian Mrasek: Im Verlauf der Dreharbeiten und auch bei der Postproduktion wurde das immer wichtiger. Anfangs waren wir noch sehr auf unser Drehbuch versteift, aber irgendwann war das Boot auf Kurs und wir konnten viele unerwartete Blumen am Wegesrand pflücken. Einen Film, den man ohne Drehgenehmigungen auf der Straße dreht, kann man planen. Bei den Dreharbeiten kommt man dann allerdings irgendwann aus dem Improvisieren nicht mehr raus – das ist für mich das berauschende beim Filmemachen.
Wie sind Sie auf den charmanten Debütanten, den Hauptdarsteller Fabian Backhaus gestoßen?
J.S.: An der Kahnstation im Blücherpark lief er uns über den Weg und wir waren von seiner Art direkt beeindruckt. Wir haben ihn damals gefragt, ob er sich vorstellen könnte, die Hauptrolle in einem Kinofilm zu spielen und er hat spontan zugesagt.
C.M.: Viele Leute rieten uns dann von einem Laien als Hauptdarsteller ab, aber zum Glück sind wir manchmal auch beratungsresistent. Inzwischen hat der clevere Düsseldorfer richtig nach Köln „rübergemacht“ und zaubert als Koch Leute mit seinem Essen glücklich.
Jacques Palminger and the Kings of Dub Rock haben einen Gastauftritt und es gibt auch einen surrealen Videoclip der Band im Film. Wie kam die Zusammenarbeit zustande?
C.M.: Wir sind einfach Fans der Drei und wollten sie unbedingt dabei haben. Ich durfte Jacques als feinen und offenen Meisterschüler kennenlernen und wir haben einfach mal freundlich angeklopft – mit einer netten Location in Italien in der Hinterhand. Jac, Ric & Vic haben dann tollerweise bei einem bandinternen Psychedelicseminar auf Sizilien beschlossen mitzumachen und den Song aus dem Film vor Ort mit heißer Nadel zusammengeschustert.
Vielleicht kann man darüber reden, ohne das Ende zu verraten: warum dieser Schluss? Steht er nicht im Widerspruch zur Haltung der Figur?
J.S.: Die verschiedenen Interpretationen unseres Schlusses und die teilweise daraus entstehenden hitzigen Diskussionen gefallen uns sehr gut. Wir sehen keinen Widerspruch.
Zumindest Sie, Herr Mrasek, haben bereits 2005 mit „Die Quereinsteigerinnen“ einen Langfilm realisiert. Darf man nach Hans Dampf auf einen baldigeren Nachfolger hoffen?
C.M.: Inch' Allah sage ich bei so was gerne. Einen Nachfolger wird es bestimmt geben – vielleicht erst mal einen Dokumentarfilm namens „Utopia“. Ich werde mir allerdings wieder Zeit nehmen.
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