Gerade sind die beiden aus Göteborg zurück, dort hatten sie unter großer Anteilnahme der Bevölkerung ihre Performance „x-mal Mensch Stuhl“ realisiert. Senioren sitzen bei dieser Aktion auf Stühlen, die in luftiger Höhe an städtischen Fassaden angebracht sind. Seit 27 Jahren vermögen Angie Hiesl und Roland Kaiser die Menschen in Europa mit diesem Konzept zu faszinieren. In Köln war damals Premiere am Stadtmuseum, „aber inzwischen lebt von der Urbesetzung niemand mehr“ bemerkt Roland Kaiser. Im letzten Sommer zeigten die beiden im Rheinauhafen ihre Aktion „Unfassbar“, bei der zwei Tänzerinnen in einem verglasten Container gegen die Macht des Windes ankämpften. Gleich gegenüber hat das Duo im Rhenania seine Atelierräume. Derzeit steckt man in den Vorbereitungen für eine Performance-Reihe mit dem Titel „Aufgelöst“.
Dabei geht es um jene geheimnisvolle Beziehung, die wir zu den Gegenständen unseres Hausrats herstellen und durch die wir diesen erst Sinn und Zweck verleihen. „Wenn ein Mensch stirbt, dann bleibt sein Haushalt zurück und die Gegenstände sind der Person beraubt, die das alles mit ihrer Existenz einmal festgehalten hat“, erklärt Hiesl. Im September wird das Duo an drei Orten in Köln jeweils den Hausrat einer verstorbenen Person im öffentlichen Raum zeigen. In einer Soloperformance würdigt ein Akteur das jeweilige Konvolut, in dem er spontan auf der Straße neue Ordnungen herstellt. Dabei werden Sprache, Tanz, Klänge und viel Humor – der gehört bei ernsten Themen immer dazu – eine eigene Atmosphäre schaffen. Dem Blick des Publikums soll sich die Frage stellen, welche Person könnte zu diesen Gegenständen gehören. „Ist es ein Mann oder eine Frau?“ ergänzt Hiesl. Eine Mischung aus Lebenserfahrung und Vorurteilen könnte den Weg weisen.
Das Auflösen eines Haushalts konfrontiert mit der Realität des Todes. „Wie fragil ist unsere Existenz?“ fragt Kaiser. Ein Ansatz, der im gesellschaftlichen Diskurs nicht vorkommt, da der Tod immer noch das stärkste Tabu in einer vom Konsum beherrschten Welt darstellt. Hiesl und Kaiser wollen diesen Aspekt wieder wahrnehmbar machen, und nicht nur ihn. Ab diesem Herbst werden die beiden mit „Talk in Public“ politische Themen auf die Straße bringen, die nicht Gegenstand der Tagesaktualität sind. Mit Wissenschaftlern und Künstlern werden Debatten über philosophische, psychologische oder soziologische Ansätze zum Zustand unserer Gegenwart geführt.
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