Ganz allgemein lässt sich anmahnen, dass die Veranstaltungen der zahlreichen Hochschulen in NRW ein viel zu geringes öffentliches Interesse erregen. Andersherum wird ein Schuh daraus: Die Musikfreunde haben immer noch nicht realisiert, dass absolut hochwertige Kammer- bis Sinfoniekonzerte mit hervorragenden Solistenpersönlichkeiten im Rahmen dieser Hochschul-gesteuerten Veranstaltungen meist für keinen oder aber einen geringen Obolus zu besuchen sind. Dabei funktioniert das Umsonst-Klassik-Event eigentlich ganz prima: Die mittäglichen öffentlichen Proben in der Kölner Philharmonie (30 Minuten PhilharmonieLunch) haben sich in Kürze zum absoluten Renner entwickelt. Die Hochschulen bieten zusätzlich einen viel intimeren Rahmen: Aber es ist eben nicht das philharmonische Parkett.
Kurz vor dem Schritt in die Musentempel oder teilweise parallel zu den ersten Konzerterfolgen stehen die Musiker, die sich in Wettbewerben mit ihren Kollegen messen. Auch da decken die Hochschulen einiges ab, Sponsoren loben Preise aus. Hier sind die Musikerstars von morgen zu erleben, denn über die Preise entstehen Beziehungen zum Markt. Und der ist hart umkämpft, weiß auch die weltbekannte Cellistin Maria Kliegel. Sie hat in ihrer langjährigen Karriere viel gesehen, viel gelernt und später gelehrt. Vor einem Jahr hat sie als Konsequenz ihrer Erfahrungen einen etwas anderen Cello-Wettbewerb ins Leben gerufen, den „Concorso La Cellissima“, der in diesem Dezember zum zweiten Mal in der Kölner Musikhochschule stattfinden wird – öffentlich, versteht sich.
Geboten werden 4 Konzertprogramme von vier jungen Cello-Virtuosen, die von den Professoren der Hochschulklassen ins Rennen geschickt werden. Vieles ist also anders bei diesem Concorso. Der markanteste Unterschied besteht in der geforderten Konzertform: Es wird nicht nur gefiedelt, es wird auch gesprochen. „Die Stifterin Maria Kliegel legt großen Wert auf eine lebendige, ideenreiche und informative Moderation“, verkündet ein Flyer zu diesem Event. Durch das „Wort“ sollen Barrieren, Blockaden und Ängste abgebaut werden, ein Miteinander zwischen Bühne und Zuschauerraum entstehen. Dass dies zwar noch die Ausnahme, aber in der Praxis ein wirklich neues Musikerlebnis zaubert, beweist allen voran der Salzburger Schlagwerker Martin Grubinger in seinen Konzerten. Ihm wurde bereits ein eigenes TV-Format erschaffen. Die Cellistin Sol Gabetta besitzt eine vergleichbar erfrischende Präsenz und Weltgewandtheit für zeitgemäße Klassik-Präsentation. Das verlangt allerdings von den Interpreten nicht nur ein freundliches Lächeln, sondern selbstbewusstes Auftreten und Persönlichkeit – nicht nur an der Cello-Saite. Ein neuer Universal-Interpret wird gesucht, reine Saitenakrobaten und Perfektionisten haben hier keine Chance – für sie bestehen die herkömmlichen Wege. Am Ende setzt sich erfahrungsgemäß Qualität durch. Und eine gute Rede hat noch niemandem geschadet!
PhilharmonieLunch | Do 11.12., Do 18.12. 12.30 Uhr
Concorso La Cellissima | 13.12. 14 Uhr | Kammermusiksaal der HfMT Köln | www.hfmt-koeln.de | www.maria-kliegel.com
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Kammermusik in Köln
Deutschlandfunk bürgt für konzertante Spitzenware – Klassik am Rhein 11/16
Sinfonische Vollender
Gil Shaham in der Kölner Philharmonie – Klassik am Rhein 11/24
Aus Alt mach Alt
Tage Alter Musik in Herne 2024 – Klassik an der Ruhr 11/24
Weiblicher Beethoven
Emilie Mayers 5. Sinfonie im Konzerthaus Dortmund – Klassik an der Ruhr 10/24
Ein Himmel voller Orgeln
Zwei Orgelfestivals in Köln und Düsseldorf – Klassik am Rhein 10/24
Mit virtuoser Blockflötistin
33. Festival Alte Musik Knechtsteden in Dormagen und Köln – Klassik an der Ruhr 09/24
Nach François-Xavier Roth
Der Abgang des Kölner GMDs sorgt für Umbesetzungen – Klassik am Rhein 09/24
Barock und Filmmusik
Open-Air-Konzerte „Viva Italia!“ im Ruhrgebiet – Klassik an der Ruhr 08/24
Exotische Musik
„Sounds of Nature“ und „Diálogos de amor“ beim Niederrhein Musikfestival 2024 – Klassik am Rhein 08/24
Akademische Bürgernähe
Michael Ostrzyga dirigiert „Elias“ in Bergheim und Köln – Klassik am Rhein 07/24
Pop-Hit trifft düstere Rarität
Semesterkonzert an der RUB – Klassik an der Ruhr 07/24
Bruckners „verfluchte“ Neunte
„Von Herzen – Letzte Werke“ in Bochum – Klassik an der Ruhr 06/24
Mit Hochdruck bei der Arbeit
Die Orgelfeierstunden im Kölner Dom – Klassik am Rhein 06/24
Träume aus alten Zeiten
Zamus: Early Music Festival 2024 in Köln – Klassik am Rhein 05/24
Ungewünscht brandaktuell
Auftakt zum Klangvokal Festival Dortmund 2024 – Klassik an der Ruhr 05/24
Wiederentdeckt
Werke von Amerikas erster schwarzer Klassikerin in Essen – Klassik an der Ruhr 04/24
Orchester der Stardirigenten
London Symphony Orchestra in Köln und Düsseldorf – Klassik am Rhein 04/24
Blickwechsel in der Musikgeschichte
Drei Spezialisten der Alten Musik in der Kölner Philharmonie – Klassik am Rhein 03/24
Spiel mit den Elementen
Alexej Gerassimez & Friends im Konzerthaus Dortmund – Klassik an der Ruhr 03/24
Temperamentvoller Sonntag
Bosy Matinée mit Asya Fateyeva und Gemma New in Bochum – Klassik an der Ruhr 02/24
Hellwaches Monheim
Das Rheinstädtchen punktet mit aktueller Kultur – Klassik am Rhein 02/24
Abenteuerliche Installation
„Die Soldaten“ in der Kölner Philharmonie – Klassik am Rhein 01/24
Keine Grenzen
Philharmonix in Dortmund und Düsseldorf – Klassik an der Ruhr 01/24
„Herrliche Resonantz“
Avi Avital in der Kölner Philharmonie – Klassik am Rhein 12/23
Mit Micky Maus am Dirigierpult
Elim Chan und das Antwerp Symphony Orchestra in Dortmund – Klassik an der Ruhr 12/23