Er gehört mit zu den Lieblingsballetten der Deutschen, der allweihnachtliche „Nussknacker“. Doch für die Version der Hamburger Choreografin Antje Pfundtner bildet er nur die Matrix für einen ganz persönlichen choreografischen Blick der Kindheitserinnerung. Diese ungewöhnliche Inszenierung, die auch hervorragend in den Sommer passt, ist eines der choreografisch-tänzerischen Highlights, die das Bühnenprogramm des Tanzkongress 2013 in Düsseldorf bietet. Neue choreografische Blicke gab es schon 1927 beim ersten deutschen Tanzkongress, als Oskar Schlemmers „Triadisches Ballett“ vorgestellt wurde. Und 1930 wurde zum Gedenken an die Toten des 1. Weltkriegs Albert Talhoffs „Totenmal“ aufgeführt, ein pazifistisches Tanz- und Chorwerk. Kein Wunder, dass der aufziehende Nazismus die Wiederholung dieses weltoffenen Tanztreffens verhinderte.
Als die Kulturstiftung des Bundes 2006 in Berlin die Tradition des Tanzkongresses aus der Weimarer Republik wieder aufnahm, konnte sie nicht ahnen, welche Resonanz diese Veranstaltung bei den Tanzinteressierten finden würde. Der Erfolg war überwältigend. Rund tausend Tanzschaffende und Tanzwissenschaftler aus aller Welt kamen, um über den Status des Tanzes in der Gesellschaft zu diskutieren und ein umfangreiches Bühnenprogramm zu schauen. 2009, beim nächsten Kongress in Hamburg, kamen schon doppelt so viele. Und jetzt kommt die internationale Familie des Tanzes vom 6. bis 9. Juni im Tanzhaus NRW in Düsseldorf zum dritten Mal zusammen, um über die künstlerische und gesellschaftliche Bedeutung des Tanzes in der globalen Welt zu reflektieren. Immerhin, so die Veranstalterin, habe sich der Kongress „als publikumswirksames Festival, internationale Leistungsschau, interdisziplinäre Forschungsstätte, als Ideenwettbewerb und Koproduktionsmarkt profiliert“. Mit seinem Motto „Bewegungen übersetzen – Performing Translation“ greift der Kongress diesmal einen in Zeiten der Globalisierung notwendigen Diskurs auf, um ihn konkret auf die Kunstform Tanz zu fokussieren. In sieben Themenbereichen werden sich Arbeitsgruppen und Foren mit der Übertragung und Vermittlung von Körperkonzepten, von einem angepassten Bewegungsrepertoire und den Arbeitsweisen in und zwischen den unterschiedlichen Kulturen beschäftigen.
So wird der Frage nachgegangen, wie kulturspezifische Wertvorstellungen und Verhaltensmuster vom Tanz aufgenommen und in allgemein verständliche Bewegungsmuster „übersetzt“ werden. Immerhin gilt die Sprache des Tanzes als eine weltweit universelle Sprache. Man darf also gespannt sein auf ein Kongress-Programm, das die vielfältigen künstlerischen Positionen und Forschungsansätze dazu vorstellt. „Wir haben gelernt, mit dem Blick des Westens auf uns selbst zu schauen“ sagt selbstkritisch der kongolesische Choreograf Faustin Linyekula, der mit dem CCN-Ballet de Lorraine aus Frankreich am Eröffnungsabend genau diesen Blick zum Thema seines Stückes macht.
www.tanzkongress.de I www.tanzhaus-nrw.de
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