Essen, 22. September – Viel Prominenz war angereist in die Essener Lichtburg zur Deutschland-Premiere des Films „Der Staat gegen Fritz Bauer“. Zu den Gästen zählten unter anderen NRW-Justizminister Thomas Kutschaty und WDR-Fernsehprogrammdirektor Jörg Schönenborn. Regisseur Lars Kraume und das Filmteam, allen voran die beiden Hauptdarsteller Burghart Klaußner und Ronald Zehrfeld, wurden von den 1250 Zuschauern begeistert gefeiert. Deutschlands größter, ältester und – wie alle Anwesenden betonten – schönster Kinosaal bot das perfekte Ambiente für diesen Polit-Thriller, der das deutsche Justizwesen der 1950er Jahre beleuchtet.
Zwölf Jahre nach Ende des 2. Weltkriegs steht Generalstaatsanwalt Fritz Bauer in seinem Kampf gegen die Verbrecher des Nazi-Regimes allein auf weiter Flur. Während in der jungen BRD alle die Gräuel der NS-Zeit hinter sich lassen wollen, versucht er unermüdlich die Täter vor Gericht zu bringen und sieht darin die einzige Chance für einen wirklich demokratischen Aufbruch. Gegen ihn wird im eigenen Haus und bis in die höchsten politischen Kreise nach allen Regeln der Kunst intrigiert; seine Ermittlungen werden massiv behindert. Viel zu sehr fürchtet man, dass Persönlichkeiten, die längst wieder in Amt und Würden sitzen, mit ihrer Vergangenheit konfrontiert werden. Als Bauer den entscheidenden Hinweis erhält, wo sich der frühere SS-Obersturmbannführer Adolf Eichmann versteckt, beginnt für ihn und den jungen Staatsanwalt Karl Angermann eine tour de force, die ihnen alles abverlangt.
Regisseur Lars Kraume deutete an, wie schwierig es war, über die faszinierende Persönlichkeit Fritz Bauers ein Drehbuch zu schreiben, der in so vielen Bereichen gewirkt hatte. Erst nach seinem Tod sei Bauers maßgebliche Mitarbeit an der Ergreifung Eichmanns überhaupt publik geworden. Dieser aufrechte Mann, der 1963 die Ausschwitz-Prozesse in Deutschland in den Gerichtssaal brachte, sei leider nicht so bekannt, wie er es verdiene. Die 50er Jahre interessieren Kraume auch deswegen so sehr, weil immer mehr Zeitzeugen sterben.
Burghart Klaußner glänzt mit feinem Witz in der Rolle des halsstarrigen Fritz Bauer und zeigt alle Nuancen seiner Schauspielkunst: „Humor ist eine Überlebensstrategie, Katastrophen durch sich hindurch zu lassen, ohne daran zu zerbrechen“, formuliert Klaußner pointiert nach dem Film und lobt zu recht die durchweg gelungenen Dialoge. Angesprochen auf die aktuelle politische Lage, empfindet er die Willkommenskultur als historischen Glücksfall, die es hochzuhalten gelte. Auf die Frage aus dem Film, auf was man als Deutscher stolz sein kann, stellt er für sich fest: „Stolz kann man nur auf das sein, was man selbst tut“. Jörg Schönborn betonte, dass es wichtig sei heute zu verstehen, wie hart umkämpft die deutsche Justiz und das Grundgesetz in den 50er Jahren waren. Fritz Bauer war ein Held in einer düsteren Zeit. Der Abend endete mit viel Applaus und dem Satz „Bleiben Sie alle ein bisschen Fritz Bauer.“
Die Premiere in Essen war der Auftakt einer großen Kinotour des Filmteams in über 30 Städte quer durch Deutschland, die bis zum 7. Oktober läuft.
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