Filmgeschichte ist Kulturgeschichte. Denn nicht nur der Film selbst als künstlerisches oder dokumentarisches Werk beeinflusst das gesellschaftliche Leben, sondern auch der Ort, an dem er gezeigt, besprochen, gefeiert oder verrissen wird: das Kino, der Saal, die Medien. Die Welt vor und hinter der Kamera beleuchtet die Ausstellung „Glückauf – Film ab! Kino- und Filmgeschichte des Ruhrgebiets“ im Ruhr-Museum auf Zollverein, die zum Wochenende feierlich mit zahlreichen prominenten Gästen eröffnet wurde.
Die Eröffnungsreden lobten die Erhaltung von Traditionskinos und betonten die historische Relevanz des Mediums in der Region. Vor 100 Jahren wurde das Filmstudio Glückauf in Essen eröffnet. Um diese Zeit herum gab es an der Ruhr rund 500 Lichtspielhäuser, sagte Essens Oberbürgermeister Thomas Kufen (CDU) und merkte zu Recht an, was für ein schönes Wort „Lichtspielhaus“ ist. „Kino schafft Heimat, Kino braucht aber auch Heimat“, sagte NRW-Medienminister Nathanael Liminski (CDU) und fasste damit die Essenz der Ausstellung treffend zusammen.
Historische Schätze und Nostalgie
Zahlreiche Filmschaffende aus dem Ruhrgebiet waren anwesend, darunter Schauspieler Joachim Król und Regisseur Adolf Winkelmann, was der Veranstaltung zusätzlichen Glanz verlieh. Weitere Schauspieler wie Willi Thomczyk und Martin Semmelrogge verliehen ihren Charme, Ralf Richter übernahm spontan das Mikrofon und erzählte die Anekdote, wie er ein vulgäres, pardon, umgangssprachliches Zitat aus „Bang Boom Bang“ auf die Uniformmütze eines Polizisten kritzelte, und brachte der Zeremonie die Lockerheit, die sie gebraucht hat.
Die Ausstellung bietet einen umfassenden Überblick über die Kino- und Filmgeschichte des Ruhrgebiets. Mit über 900 Exponaten lädt sie die Besucher ein, die Entwicklung von ihren Anfängen bis in die Gegenwart nachzuvollziehen. Besucher können sich alte Kinoprogramme ansehen, die zeigen, wie ganz anders der Kinobetrieb in seiner Anfangszeit lief. Nicht ganz reibungslos nämlich, wie ein Bußbescheid belegt, der wegen einer Filmvorführung an einem Sonntag ausgestellt wurde. Projektoren und Stühle aus verschiedenen Epochen zeigen den technischen und stilistischen Wandel der Kinosäle. Besonders faszinierend ist die Architektur der historischen Kinogebäude, die mit Modellen und Fotografien veranschaulicht wird.
Arbeiterfilme und Blockbuster
Die Ausstellung beleuchtet auch die inhaltliche Vielfalt des Filmschaffens im Ruhrgebiet. Von Arbeiter- und Dokumentarfilmen, die die industrielle Realität der Region einfingen (Thomas Kufen: „Filme waren immer auch politisch, gerade im Ruhrgebiet.“), über Kultfilme wie „Theo gegen den Rest der Welt“ bis hin zu modernen Kassenschlagern – das Spektrum ist breit und zeigt die Kreativität der hiesigen Filmemacher. Hervorgehoben werden auch die zahlreichen Filmfestivals, die das Ruhrgebiet zu einem Zentrum der unabhängigen und internationalen Filmkultur gemacht haben.
Die Ausstellung will zeigen, dass das Kino trotz der Konkurrenz durch Streaming-Dienste nach wie vor ein unverzichtbarer Teil unserer Gesellschaft ist, merkte die Vorsitzende des Landschaftsverbands Rheinland (LVR) Anne Henk-Hollstein an. Tatsächlich stecken vor allem Geschichte und Nostalgie drin. Ruhrpottromantiker und Cineasten werden ihre Freude an den vielen Filmplakaten und Fotos haben.
Ein Highlight des Eröffnungsprogramms war die Sondervorstellung des Kultfilms „Bang Boom Bang“ in der Lichtburg, der anlässlich seines 25-jährigen Jubiläums gezeigt wurde. Der prollige Ford mit dem noch prolligeren Kennzeichen DO-PE 69 posierte mit dem Regisseur und Co-Drehbuchautor Peter Thorwarth auf dem Zollverein-Gelände und zog zahlreiche Kameras an.
Ab September begleiten mehrere Filmreihen die Ausstellung, zu sehen auf Zollverein, im Filmstudio Glückauf, in weiteren Filmkunsttheatern sowie in „Wohnzimmeratmosphäre“ in einzelnen Stadtteilen. Darunter sind Ruhrgebietsfilme aus den letzten hundert Jahren und Klassiker in türkischer, spanischer, griechischer oder ukrainischer Originalfassung (mit deutschen Untertiteln). An einige Aufführungen schließen sich Publikumsgespräche an.
Glückauf – Film ab! Kino- und Filmgeschichte des Ruhrgebiets | bis 2. März 2025, täglich 10 bis 18 Uhr | Ruhr-Museum, Essen | Info: 0201 246 81 444
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