Am Sonntagabend ging ein Raunen durch die Zeltstadt in Moers. Zum 40. Jubiläum des Jazz-Festivals gab es einen Überraschungsgast. Der legendäre amerikanische Musiker Ornette Coleman gab sein Konzert im Festivalzelt. Sein Kommen war bis zu seinem Eintreffen in Deutschland am Samstagabend geheim gehalten worden. Der Wegbereiter des Free Jazz ist gemeinsam mit seinem Sohn Denardo (Schlagzeug) und den beiden Bassisten Al MacDowell und Tony Falanga aufgetreten. Coleman war schon 1981 in Moers zu Gast. Bereits im vergangenen Jahr war ein Auftritt von ihm geplant, konnte aber damals nicht realisiert werden. Das Konzert von Coleman war der Höhepunkt am letzten der drei Festivaltage, der inzwischen 81-jährige ehemalige Liftboy war in den 1950ern bereits schlichte Avantgarde, komponierte gnadenlos gegen die herkömmliche Harmonielehre. In Moers spielte er eher traditionelle Stücke – im Sitzen. „Er ist eben eine Symbolfigur gegen den Mainstream“, sagte Reiner Michalke, künstlerischer Leiter des Festivals.
Das Festival war ausverkauft, doch immer noch kämpft auch der 1972 von Burghard Hennen gegründete Musikevent gegen den Mainstream und Widerstände in der Stadt. Erstmals musste in diesem Jahr das Programm aus finanziellen Gründen um einen auf drei Tage gekürzt werden. 2012 muss Michalke weitere 50.000 Euro vom Zuschuss der Stadt (630.000 Euro) einsparen, „Da gibt es nichts zu beschönigen“, bestätigte Ulrich Greb, Geschäftsführer des Veranstalters Moers Kultur GmbH, die rohe Sparpolitik. Auch die Zusatzeinnahme durch "Helge's Heimatabend" am Pfingstmontag war bereits weggefallen. Helge Schneider, der Mülheimer Bühnen-Dauerbrenner hat seine Tourtermine bis zum vierten August abgesagt. Der war bei einem Konzert in Salzburg nach einem Kreislauf-Kollaps zusammengebrochen. Also blieben am Montag nur die Marktstände im Schlosspark stehen, während sich auf der Zelt-Bühne bei "open house" junge Künstlerinnen und Künstler aus der Region bewähren konnten. Der japanische Singer-Songwriter Hiviya Katan bespielte dazu alle drei Tage mittags das kleine Pulverhäusschen.
Michalke ist es also trotz Geldsorgen wieder gelungen mit den musikalischen Querdenkern zu begeistern. Insbesondere der norwegische Trompeter Nils Petter Molvaer überzeugte mit seiner elektronischen Klangmalerei mit tiefen, techno-nahen Grooves. Auch Michiyo Yagi aus Japan konnte überzeugen. Die Koto-Spielerin zählt sie zu den bedeutendsten Musikerinnen ihres Landes. Richtig auf die Ohren bekamen die Zuhörer dagegen bei den US-Amerikanern "Orthrelm" mit ihren ohrenbetäubenden Klangkaskaden. "Die sind ganz böse. warnt Michalke schon vor dem Festival. Diese Heavy-Metal-Musiker seien selbst für das Festival in Wacken zu hart. Bleibt zu hoffen, das auch der Festivalchef bis zum nächsten Jahr hart bleibt und sich den Widerständen stellt. Das Moerser Festival ist ein internationales Aushängeschild für die Region und das sollte auch so bleiben.
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