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El Cuco Projekt
Foto: Julia Franken

Begegnung mit dem Anderen

06. Januar 2021

Das El Cuco Projekt zeigt das lauernde Tier in uns – Tanz in NRW 12/20

Allgegenwärtig sind die Klagen über die Pflicht des Maskentragens zu Corona-Zeiten, Sonia Franken kann darüber nur lachen. Sie zieht sich eine Maske über, die drei Kilo wiegt, und wenn sie diese nach 70 Minuten bewegungsintensivem Spiel auf der Bühne abnimmt, schmerzt ihr höllisch der Nacken. Gemeinsam mit dem chilenischen Künstler Gonzalo Barahona gründete die Kölner Choreografin 2014 das El Cuco Projekt. Der Name leitet sich von einem tierischen Monster ab, für das es keine Worte gibt. Will man den Kindern in Südamerika Angst machen, droht man ihnen mit El Cuco.

Sonia Franken ist zunächst gar nicht aufgefallen, dass sie mit dem Tierkopf wie ein „Human Animal“ aussieht. „Wir Menschen rechnen uns zunächst nicht zu den Tieren, aber mit dem Blick durch die Maske bekommt man eine andere Perspektive auf die Welt. Vor allem rückt der Mensch nun aus ihrem Zentrum“, erklärt sie.

Von Gonzalo Barahona werden die Masken mit hyperrealistischer Perfektion aus Silikon angefertigt und mit Ölfarben bemalt. In der letzten Tanzproduktion „Screaming Matters“ sah man Echsen, außerdem gibt es Köpfe von Katzen, Fledermäusen oder Vögeln. Letztere sind aufgrund der Federn besonders schwierig herzustellen. Beim Spiel mit den Masken ist nicht alleine das Gewicht eine Herausforderung, sondern es muss auch genau überlegt werden, wo die Sichtöffnungen für die Akteure angebracht werden.

Die Masken sind Maßanfertigungen, da jedes Gesicht in der Kinn- und Stirnpartie anders proportioniert ist. „Vor allem kommt es auf die Augen an. Wenn die stimmen, dann wird die Maske geglaubt“, erklärt Sonia Franken. Sie selbst schaut die Tiermaske vor dem Auftritt lange an, dann schließt sie die Augen, „und dann bin ich das Wesen, das ich angeschaut habe“, erklärt sie.

Gefühle sind unscharf

Wieder und wieder betrachten die beiden Künstler Tierfilme, in denen sie neben der äußeren Erscheinung auch die Bewegungsmuster der Tiere erforschen. „Man blickt anders auf den Körper, wenn jemand eine Maske trägt“, sagt Sonia Franken. Deshalb erzeugen diese Gestalten, die das El Cuco Projekt auf die Bühne bringt, auch eine so besondere Konzentration im Publikum. Jene Wesen, halb Tier, halb Mensch, scheinen unberechenbar zu sein. Etwas Unheimliches liegt in der Luft. Der Raum lädt sich mit Emotionen auf. Es geschieht genau das, was in der digitalen Technik nicht vorgesehen ist. „Die digitale Struktur besteht aus Einheiten, die in sich abgeschlossen sind. Es gibt keine Übergänge. Gefühle sind hingegen immer unscharf.“

Mit diesem Phänomen wird sich die neue Produktion „Just before Falling“ beschäftigen. Neben Vogel und Echse ist auch eine Fledermaus in die Choreografie eingebunden. Dass man die Fledermäuse als Träger des Covid19-Virus vermutete, ist für Franken und Barahona bedeutsam. Die große Kraft ihrer Arbeiten besteht im Blick auf das Andere, auf das, was sich nicht in zivilisatorisches Gleichmaß integrieren lässt. Sie konfrontieren uns mit dem Unberechenbaren und deshalb mit dem Leben selbst.

Just before Falling | Ch: Sonia Franken & Gonzalo Barahona | Termine nach Ankündigung | Barnes Crossing, Köln-Rodenkirchen | elcucoprojekt.com

Thomas Linden

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