Zahlreiche Comic-Biografien sind in den letzten Jahren erschienen. Auch in dieser Kolumne wurden neben fiktionalen Stoffen immer wieder Sachcomics und Biografien besprochen. Zuletzt Glenn Heads Autobiografie „Chartwell Manor“ über Missbrauch an einer christlichen Schule und Reinhard Kleists Biografie „Starman“ über den Aufstieg David Bowies am Popfirmament. Einer steilen Karriere widmen sich auch der Journalist Can Dündar und der Zeichner Anwar – hier geht es allerdings um Politik.
„Erdoğan“ widmet sich dem Leben des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğans von seiner Geburt im Jahr 1954 bis zum Jahr 2000, in dem die Idee aufkeimt, mit der AKP eine eigene Partei zu gründen, mit der er bald Ministerpräsident und schließlich mit großer Macht ausgestatteter Präsident wird. Die Autoren bemühen sich um eine neutrale Darstellung, die, ungeachtet seiner Ziele, Erdoğans strategisches Kalkül und sein Durchsetzungsvermögen klar schildert. Deutlich wird dabei aber auch, dass der heutige Präsident von Anfang an ein anti-demokratischer islamistischer Fundamentalist war, der zwischenzeitlich aus eben jenen strategischen Gründen eine demokratische Nähe und die Freundschaft gemäßigter in- und ausländischer Partnersuchte. Der Comic erzählt nicht nur von Erdoğans Aufstieg, sondern zeigt auch anschaulich das Aufkeimen des radikalen Islams seit den 70er Jahren (Correctiv).
Ebenfalls biografisch wirkt der Comic „Fake Story“ von Jean-Denis Pendanx und Laurent Galandon, bei dem es sich angeblich um eine Adaption von Douglas Burroughs gleichnamigem Roman handelt. Darin schildert der Reporter, wie er nach einem Mehrfachmord – vermeintlich im Zusammenhang mit der Ausstrahlung von Orson Welles’ Massenpanik auslösendem Hörspiel-Klassiker „Krieg der Welten“ – vom Radiosender in eine Kleinstadt geschickt wird, um die Hintergründe zu entschlüsseln. Denn wenn tatsächlich Welles’ Hörspiel der Grund ist, hat der Sender ein Problem. Der in detailreichen Farbzeichnungen gehaltene Comic erzählt eine verwinkelte Kriminalgeschichte mit viel zeithistorischem, gesellschaftskritischem Hintergrund und trumpft mit allerlei Wendungen auf. Das „Fake“ im Titel bezieht sich aber sicher nicht nur auf Welles’ Hörspiel, sondern darf auch auf die Autorenschaft Burroughs’ angewendet werden.
Jean-Denis Pendanx & Laurent Galandon: Fake Story | Schreiber & Leser Verlag | 96 S. | 19,80 €
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