Spannender kann es nicht sein. Anna Netrebko besucht die Domstadt, diesmal nicht in der LanXess-Arena, sondern in der Kölner Philharmonie. Und diesmal bringt sie auch nicht den Tenor des 21. Jahrhunderts mit, als der José Cura einst bescheiden angekündigt wurde, sondern ihren Ehegatten Yusif Eyvazov, den Tenor an ihrer Seite. Nie gehört den Namen? Stimmt. Paul Potts kennen mehr Menschen, auch wenn der Handy-Verkäufer von der Insel diesen Ruhm sängerisch nicht im Ansatz verdient hat. Er eiert wahrscheinlich mittlerweile durch Baumärkte oder bestenfalls über die dicken Perserteppiche unbelehrbarer Kulturliebhaber, viel Glück dabei sei ihm gegönnt.
Yusif hat auch keinen populären TV-Wettbewerb gewonnen, sondern angeblich auf einer Party beim Karaoke einen Popsong geschmettert: Dort wurde sein Potential als Tenor entdeckt. Eigentlich wollte er wie sein Vater Meteorologe in Aserbaidschan werden, aber als Tenor kommt Yusif wahrscheinlich mehr rum und verdient auch besser. In der Philharmonie kosten die besseren Tickets um die 200 Euro, gegenüber den Arena-Preisen ist das fasst geschenkt. Allerdings gilt Yusif dabei als „Katze im Sack“, dem der Opernfreund natürlich mit moderner Hausrecherche ein wenig näherkommen kann.
Im Juli hat er laut einer einzigen Pressestimme die Fans als Manrico in Verdis „Trovatore“ neben seiner Herzensdame an der Berliner Staatsoper überzeugt. In München werden die beiden im Münchner Nationaltheater Verdis „Macbeth“ aufführen. Das mit dem – naheliegend für ein junges Ehepaar mit gleichem Beruf – gemeinsamen Reisen funktioniert also wohl bestens. Allerdings sind in der Kölner Philharmonie Gesangskultur, beste Technik und wunderbare Sprache unabdingbare Voraussetzung für einen gelungenen hochpreisigen Abend. Und gerade mit der Sprache, der italienischen, hapert es wohl bei dem Turbo-Tenor, der sich in wenigen Jahren ein tüchtiges Repertoire erarbeitet hat. Auch von solider Gesangstechnik hält der kraftvoll ausschenkende Tenor nicht viel – gerade bei den nun versprochenen Hits des Verismo, dessen bekannteste Vertreter die Opern „Der Bajazzo“ und die „Cavalleria rusticana“ blieben.
Anna, die Diva der Diven, wurde bereits 2007 im „Time“-Magazin zu den 100 einflussreichsten Menschen der Welt gezählt. Gerade hat sie den Belcanto gegen das Wagnerfach eingetauscht und an der Semperoper eine berauschende Elsa im „Lohengrin“ gegeben. Als erfolgreichste Sopranistin der Welt werden ihr zickige Schmisse bei Regie-Zumutungen auch an den besten Häusern verziehen. Und sie hat ihrem uruguayischen Freund Erwin Schrott, mit dem sie einen Sohn hat, auch schon die Karriere beschleunigt. Und der war „nur“ ein Bassbariton.
Anna Netrebko & Yusif Eyvazov | Do 1.9.20 Uhr | Kölner Philharmonie | www.koelner-philharmonie.de
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