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Moderner Wintergarten für Bach
Jens van Zoest

Glas, Stahl und Beton

28. Februar 2011

Bachs "Kunst der Fuge" als Video - Klassik in NRW 03/11

Mit Weichzeichner und rundlicher Beschaulichkeit lässt es sich im Gegensatz zur Architektur des Barock den architektonischen Machenschaften in der Musik eines Johann Sebastian Bachs nicht nahe kommen. Doppelung der Eindrücke, wie verschiedene Konzertreihen in NRW durch Musikdarbietung in historisch passendem Ambiente vermitteln wollen, führen oft zu intensiven Erlebnissen für Auge und Ohr.

Noch extremer greifen natürlich Versuche, sinfonische Musik mit filmischem Material zu bebildern, Brahms mit blühenden Landschaften, eine Alpensinfonie von Richard Strauss mit mächtigen Felsmassiven oder „Die Moldau“ mit sprudelndem Quellwasser: Alle diese Anstrengungen und optischen Verführungen liefern der Musik programmatische Inhalte, die sie so konkret nie eingefordert hat.

„Die Kunst der Fuge“ bleibt wohl immer ein magisches Werk für die Künstler der Alten Musik, viele Rätsel heften sich an diese späte Sammlung, deren letzte Fuge die Buchstaben B-A-C-H haucht und dann abreißt: ein Opus ultimum. Im Jahre 2007 machte sich das Spezial-Ensemble „Musica Antiqua Köln“, das sich bereits 2006 offiziell als aufgelöst gemeldet hatte, posthum auf, um ein besonderes Experiment – dreißig Jahre waren die Musiker unter der Führung Reinhard Goebels keiner Herausforderung aus dem Weg gegangen und hatten revolutionäre Interpretationen abgeliefert – ebenfalls als „Opus ultimum“ einzuspielen.

"Kamerafahrten wirken wie Einblicke in ein Mausoleum"

„Die Kunst der Fuge“ als Filmkonzert ohne Publikum, mathematisch geprägte Musik in einer sachlich- statisch geprägten Architektur von ebenfalls erhabener Größe: Der Stararchitekt Tadao Ando hatte auf einer ehemaligen Nato-Basis zwischen Neuss und Düsseldorf das Kunst- und Ausstellungshaus der Langen Foundation gebaut, ein filigranes Werk aus Stahl, Glas und Beton mit herrlichen Ausblicken und Durchsichten, das 2004 eröffnet wurde.

Der Regisseur Enrique Sánchez Lansch realisierte diese WDR Produktion, die filmisch das Gebäude, die Umgebung, die Musiker in den Sälen und die Natur aus Licht und ziehenden Wolken mit der Musik synchronisiert – ohne sie bedrängen oder befummeln zu wollen. Goebel lässt diverse Fugen von seinem Cembalisten Léon Berben intonieren, manchmal im Duett mit dem Kollegen Wolfgang Kostujak am zweiten Cembalo. So wechselt Saitenzupfen mit dem üppigen Klang des Streichquartetts.

Brisant macht dieses Vermächtnis aus Bild und Musik natürlich auch die Tatsache, dass dieses Ensemble bereits zur Aufnahme gar nicht mehr existierte. Und so wirken die Kamerafahrten an den glatten Betonwänden wie Einblicke in ein Mausoleum oder eine Pyramide, deren Architektur ja auch entscheidend von rechnerischen Verhältnissen und Ausrichtungen bestimmt wurde.

Für Freunde der „Musica Antiqua“ bietet die vor wenigen Tagen erschienene DVD eine sympathische Auffrischung der Erinnerung an die Konzerte mit dem Ensemble und seinem oft ruppigen Meister: Goebel selbst wirkt übrigens beinahe wehmütig in dieser einzigartigen Situation seines Ensembles: Wer produziert schon posthum ein Requiem?

Musica Antiqua Köln
DVD – Johann Sebastian Bach: Die Kunst der Fuge

Olaf Weiden

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