Bereits lange angekündigt, nun ist Reinhard Kleists neue Musiker-Biografie fertig – zumindest der erste Teil davon. Nach Graphic Novels über Elvis, Johnny Cash und Nick Cave – also vorwiegend Men in Black – hat er sich nun mit etwas sehr buntem beschäftigt: dem Glam Rock. Genauer: Mit „David Bowie‘s Ziggy Stardust Years“, so der Untertitel seines neuen Comics „Starman“, der dann aber doch nicht nur die Jahre seiner bekanntesten Kunstfigur, sondern auch seine Kindheit, Jugend und erste musikalischen Gehversuche skizziert.
In den vom allwissenden Ich-Erzähler rückblickend erzählten Szenen aus seinem Familienhaus mit einer verständnislosen Mutter und einem am Wahnsinn kratzenden Bruder und den frühen Jahren der kreativen Selbstfindung hält sich Kleist sowohl zeichnerisch als auch in der Kolorierung zurück: Die Vergangenheit ist in klassischem Sepia gehalten. Bowies Ziggy-Jahre jedoch regiert nicht nur ein wilder, mitunter regelrecht explosiver Strich, der das SF-Thema ebenso aufnimmt wie den Hardrock dieser Bowie-Phase, sondern auch eine knallbunte Farbpalette, die man sonst in Kleists Werk eher selten sieht.
Genau wie die Rasterfolien sind sie den Superhelden-Comics entliehen, was eine schöne Idee ist, denn schließlich sieht sich Bowie in jener Zeit nicht nur als „Starman“, sondern im Erfolgs- und Drogenwahn auch irgendwie als Superman. Der vorläufige Absturz folgt schon bald – und so wird Bowie fasziniert bejubelt, aber auch als ein seine Mitmenschen benutzender Getriebener gezeichnet. In „Low – David Bowie‘s Berlin Years“ gehts dann weiter (Carlsen).
Leonard Cohen – auch so ein Man in Black, den man sich in einer Kleist-Biografie hätte vorstellen können. Auf jeden Fall ist der Singer/Songwriter in seiner konservativen Nüchternheit das Gegenteil von Bowie. Philippe Girard hat sich den Lyriker, Komponist, Gitarrist, Sänger und Frauenschwarm in seiner Graphic Novel „Like a Bird on a Wire“ vorgenommen. Cohen sieht hier schon mit 13 aus wie ein älterer Herr, denkt, dichtet und drogt sich über die Bühnen und durch die Betten ebenso hastig wie der Comic kurzweilig, aber auch sehr verkürzt anekdotisch durch die Jahrzehnte jagt. Die deutsche Übersetzung irritiert mit der Verwendung des Begriffs CD in den 50er, 60er und 70er Jahren (Cross Cult).
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Gespräch über die Liebe
„In einem Zug“ von Daniel Glattauer – Textwelten 01/25
Mit KI aus der Zwangslage
„Täuschend echt“ von Charles Lewinsky – Literatur 01/25
Unfall oder Mord?
Jens Prüss-Lesung in der Düsseldorfer Zentralbibliothek
Schriftstellerin im Exil
Maria Stepanova liest bei Proust in Essen
Vorlesestunde mit Onkel Max
Max Goldt in den Kammerspielen Bochum – Literatur 01/25
Doppelte Enthüllung
„Sputnik“ von Nikita Afanasjew – Literatur 12/24
Eine wahre Liebesgeschichte
Thomas Strässles „Fluchtnovelle“ – Textwelten 12/24
ABC-Architektur
„Buchstabenhausen“ von Jonas Tjäder und Maja Knochenhauer – Vorlesung 11/24
Übergänge leicht gemacht
„Tschüss und Kuss“ von Barbara Weber-Eisenmann – Vorlesung 11/24
Auch Frauen können Helden sein
„Die Frauen jenseits des Flusses“ von Kristin Hannah – Literatur 11/24
Die zärtlichen Geister
„Wir Gespenster“ von Michael Kumpfmüller – Textwelten 11/24
Literatur in Höchstform
25. LesArt.Festival in Dortmund – Festival 11/24
Massenhaft Meisterschaft
Neue Comics von alten Hasen – ComicKultur 01/25
Kampf den weißen Blättern
Zwischen (Auto-)Biografie und Zeitgeschichte – ComicKultur 12/24
Zwischen Utopie und Ökoterrorismus
Tagung „Klimafiktionen“ in Bochum – Literatur 12/24
Das Über-Du
Auftakt von Literaturdistrikt mit Dietmar Dath und Wolfgang M. Schmitt – 11/24
Comics über Comics
Originelle neue Graphic Novels – ComicKultur 11/24