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Vashti Harrison
Foto: Zuckersüß Verlag/privat

Schluss mit normativen Körperbildern

20. August 2024

„Groß“ von Vashti Harrison – Vorlesung 08/24

Bodyshaming ist out? Schön wär’s! Übermäßige Selbstkritik, -vergleiche sowie der Fokus auf schlanken und vermeintlich gesünderen Körpern ist heute immer noch ein großes Thema. Nicht aber bei Vashti Harrison: Ihr Kinderbuch „Groß“ ist ein Plädoyer für mehr Körperakzeptanz. Wie der Untertitel bereits verrät, erzählen die rund 60 Seiten „Eine Geschichte über Selbstliebe“. Dass es heutzutage oftmals gar nicht so leicht ist, diese Liebe zu fühlen, macht die New-York-Times-Bestsellerautorin mit dem 2023 erschienenen Titel deutlich und gibt dabei ein Debut: Zum ersten Mal schreibt und illustriert Harrison ein Kinderbuch. Hierin vermittelt sie Leser:nnen ab 3 Jahren wichtige Werte wie Selbstbewusstsein, Selbstwirksamkeit und Akzeptanz.   

Online-Trends und mediale Darstellungen von „Idealkörpern“, aber auch äußerliche Vergleiche mit Gleichaltrigen können schnell Unsicherheiten hervorbringen, die nur schwer wieder loszuwerden sind. Die US-amerikanische Autorin stellt diesen Prozess illustrativ und erzählerisch dar. Sensibel taucht sie in die Gefühlswelt ihrer jungen Protagonistin ein und stellt diese in zarten Pastelltönen dar. Im rosafarbenen Tutu tanzt sie über die Seiten des Buches, bis sie von ihrem Umfeld gehänselt und gedemütigt wird. Wie weh Worte tun können, zeigt Harrison, indem sie das Mädchen vor einen Spiegel treten lässt, in dem es sich selbst mitsamt den Beleidigungen sieht, die es von ihren Mitmenschen erhalten hat. Mobbingprävention wird immer wichtiger und Harrisons Buch bildet ein altersgerechtes literarisches Werkzeug dafür. Mit wenigen Worten trifft sie den Nagel auf den Kopf und bekundet, dass sich Anpassen, bedeckt und klein Halten keine Lösung ist. Das Problem liegt nicht beim Individuum, sondern bei der fehlenden Akzeptanz und Offenheit der Gesellschaft sowie optischen Körperidealen. Etwa in der Mitte des Buches findet sich eine doppelte Klappseite: Genau an dieser Stelle entdeckt die Hauptfigur ihre Stärke. Sie nimmt im wahrsten Sinne des Wortes über die Seiten des Buches hinaus Raum ein, gibt den Menschen, die sie verletzt haben, ihre Worte zurück, und obwohl nicht alle sie verstehen können, ist sie in ihrer wiedergewonnenen Selbstliebe gefestigt – eine starke Botschaft.  

Harrisons Erzählung benennt fettphobe Äußerungen als ernstzunehmende Diskriminierungen, die nicht toleriert werden dürfen. Im Anhang befindet sich dazu eine Anmerkung der Autorin, in der sie beschreibt, wie sie selbst als Schwarzes Mädchen von solchen Kommentaren betroffen war, und wie diese sich auf ihr Körpererleben ausgewirkt haben. Auch erläutert sie ihre Wahl der Kernfarbe Rosa, die mit Zärtlichkeit, Verspieltheit und Leichtigkeit verbunden ist – diese Worte solle jedes junge Mädchen fühlen dürfen. Auf der letzten Seite des Buches gibt der Zuckersüß Verlag Tipps, wie man als erwachsene Bezugsperson in Diskriminierungssituationen handeln sollte. Rundum berührend ist Vashti Harrisons Geschichte ein Manifest für die Body-Positivity-Bewegung.

Vashti Harrison: Groß | Aus dem Englischen von Emilene Wopana Mudimu | Zuckersüß Verlag | ab 3 Jahren | 56 S. | 24,90 €

Daphne Koch

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