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„Ich sprüh’s auf jede Wand…“ Neue Moscheen braucht das Land
Foto: Melanie Redlberger

Guter Muslim, böser Muslim?

31. August 2017

Warum wir wirklich um unsere Demokratie Angst haben müssen – Thema 09/17 Junge Politik

Schau, der da hat einen Bart und eine Baseballcap, der daneben Bart und Häkelkäppchen, die dort hat sich die Nase machen lassen und kiloweise Kajal um die Augen, und die da drüben hat ein Kopftuch und guckt scheu – oder auch nicht. Wer weiß, welchen autoritären und radikalen Ansichten die folgen, wie viel Aggression sie dafür aufbringen werden. Sie könnten unsere Demokratie zerstören und unsere Identität. Sie könnten das Regime der bedingungslosen Gewalt etablieren. Sie könnten uns zurück ins dunkle Mittelalter führen. Ich geh jetzt nicht mehr aus dem Haus.

Okay, diffuse Bedrohungsgefühle haben wir wohl alle mal. Aber machen wir uns nichts vor: Es ist ein zu simpler Weg, die eigene Angst und Hilflosigkeit nach außen zu projizieren. Gerade beim Buhmann Islam: Die einen sagen, der Islam sei mit der Demokratie nicht vereinbar. Die anderen plädieren für einen reformierten Islam. Der Großteil der Muslime in Deutschland scheint hier jedoch einfach in Frieden leben zu wollen und das Klarkommen im Alltag den großen theologischen und politischen Diskussionen vorzuziehen.

Aber genau da geht’s los: Einfach ist es, anderen falsches Verhalten zuzuschreiben. Schwerer ist es, sich an die eigene Nase zu fassen: Demokratie, was heißt das nochmal? Jetzt, wo in Bayern die Vorbeugehaft ins Unendliche gedehnt werden kann? Wo NSU und G20 für viele zu Sinnbildern des Versagens deutscher Behörden geworden sind? Wo in Polen die Unabhängigkeit der Gerichte angegriffen und wo in Ungarn Hochschulen und Nichtregierungsorganisationen verschärft in den Blick genommen werden? Zunehmend weicht die Demokratie dem Recht des Stärkeren. Das freie Denken erstickt unter politischer Taktiererei.

Bei der Demokratie europäischer Prägung ging es einst darum, zwar im Sinne des Mehrheitsinteresses zu regieren, aber dabei den Minderheiten Schutz vor genau dieser Mehrheit zukommen zu lassen. Es ging darum, dem Gemeinwohl den Vorrang zu geben, möglichst vielen Menschen ihre persönliche Entfaltung zu ermöglichen. Jeder, jede Einzelne sollte gleich wertvoll sein und die gleichen Rechte besitzen. Es ging um das grundlegende Prinzip der Aufklärung, dem Einzelnen zuzutrauen, dass er eigene Ratio besitzt und sich eine eigene Meinung bilden kann. Und diese Meinung hat dann Geltung zu haben in der Diskussion. Das ist Demokratie. All dies ist in Gefahr, was beileibe nichts mit dem Islam zu tun hat. Im Gegenteil, gerade die Suche der sich als liberal und humanistisch begreifenden Muslime nach Orten und Wegen, persönliche Überzeugungen und zugleich den freiheitlichen Umgang mit anderen Meinungen und Lebensformen zu bewahren, gibt dem Demokratiebegriff neue Aktualität. Initiativen wie die der liberalen Moschee in Berlin, in der Frauen predigen und Männer und Frauen zusammen beten können, kämpfen für eine neue Diskussionskultur jenseits etablierter Schwarz-Weiß-Schemata.

Für demokratiefeindliches Denken braucht es keinen Mohammed im Hintergrund. Aber um gegen ein solches Denken anzugehen, braucht es Unrechtsbewusstsein, Mut und den Konsens darüber, was Demokratie bedeutet. Und zwar hier, in Deutschland, in Europa. Im Umgang mit Fundamentalismus und Autokratentum jeglicher Form. Was wir bislang immer so leichthin unsere westlichen Werte nennen, verspielen wir gerade, während wir mit dem Finger auf andere zeigen. Und dabei ist es echt egal, was einer für eine Nase hat.


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lib-ev.jimdo.com | Der liberal islamische Bund vertritt den Islam als Teil einer pluralistischen Gesellschaft
youtube.com/user/12thmemorise | Gruppe junger MuslimInnen, die sich gegen islamistischen Terror einsetzen

Thema im Oktober: KINDERSEELEN
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Melanie Redlberger

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