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Risse in der Oberfläche
Foto: Iriyalo / Adobe Stock

German Normalo

27. März 2025

Zwischen Selbstoptimierung und Abhängigkeit – Glosse

Ich wohne in Düsseldorf in der Königsallee. Dagi Bee wohnt im selben Gebäude. Mein Name ist Patrick Battenmann. Ich bin siebenundzwanzig Jahre alt.

Battenmann geht ins blendend weiß geflieste Badezimmer, uriniert und mustert dabei sein Spiegelbild in einem Poster für Les Miserables über seiner Toilette.

Ich lege Wert darauf, mich in Form zu halten, mit einer ausgewogenen Ernährung und einem strengen Trainingsprogramm. Morgens, wenn mein Gesicht ein wenig verquollen ist, lege ich einen Eisbeutel auf, während ich meine Sit-ups mache. Ich schaffe mittlerweile tausend.

Später, als Battenmann in der dampfenden Dusche steht, bewundert er seine Muskeln.

Nachdem ich den Eisbeutel entfernt habe, verwende ich eine porentief reinigende Lotion. Unter der Dusche benutze ich ein wasseraktives Reinigungsgel, dann ein Honig-Mandel-Körperpeeling und für das Gesicht ein Gel-Peeling. 

Strahlende Oberflächen

Battenmann öffnet die Tür eines Spiegelschranks, der mit tadellosen Reihen von Hautpflegeprodukten bestückt ist. Er wählt einige Flaschen, Tiegel und Bürsten aus und stellt sie auf dem Marmortisch bereit. 

Dann eine Feuchtigkeitscreme, darauf einen Anti-Aging-Augenbalsam. Anschließend trage ich eine Kräuter-Minze-Gesichtsmaske auf, die ich zehn Minuten einwirken lasse, während ich den Rest meiner Routine vorbereite.

Während die Gesichtsmaske einzieht, stolziert Battenmann in die exklusive Einbauküche. Vor dem Kühlschrank atmet er kurz durch.

Was meine Ernährung angeht, bin ich ähnlich bedacht. Für den nüchternen Magen wähle ich einen bekömmlichen Sud, der nicht nur an den gestrigen Konsum anknüpft, sondern mich gleichzeitig mit essentiellen B-Vitaminen wie Niacin, Pantothensäure und Pyridoxin versorgt. 

Battenmann öffnet die Kühlschranktür in gebürsteter Aluminium-Optik. Säuberlich gestapelte braune Flaschen füllen den Innenraum aus. Battenmann holt eines dieser an Apothekerflaschen erinnernden Gefäße heraus. Er lässt den Bügelverschluss mit beiden Daumen hochschnalzen. 

Wertvolle Kräuter

Hopfen ist eine seit dem Altertum für ihre beruhigende Wirkung bekannte Heilpflanze. Gerstenmalz enthält Kalium, Natrium und Magnesium, was mir hilft, fit durch den Tag zu gehen. Für das Immunsystem benutze ich ein Elixir aus 56 Kräutern.

Das Tiefkühlfach ist randvoll gefüllt mit grünen, rechteckigen Flaschen sowie einigen 4-cl-Gefäßen. Battenmann gießt braunen Sirup aus einer der grünen Flaschen mit einem Hirsch und dem St.-Hubertus-Kreuz auf dem Etikett in drei der kleinen Gläser. Darauf bedacht, dass die Gläser nicht die Maske an seinen Lippen berühren, leert er diese in seinen Mund.

Battenmann schließt den Kühlschrank und betrachtet sein Spiegelbild in einem Küchenspiegel. 

Ein makelloser Mensch, äußerlich unantastbar. Die Feuchtigkeitscreme lässt meine Haut glatt und vital erscheinen. Das Bier hat meinen Körper mit wertvollen Mineralstoffen versorgt. Der Kräuterlikör erfüllt mich mit neuer Kraft. 

Rundum versorgt

Doch während er sich selbst anstarrt, stockt sein Lächeln.

Es gibt eine Idee von Patrick Battenmann, eine Art Abstraktion. Aber es gibt kein echtes Ich, nur eine Hülle. Eine Illusion. Sein Körper ist definiert, seine Routine minutiös perfektioniert, seine Lebensweise makellos optimiert. Und doch … ist da nichts.

Battenmann blinzelt. Die Edelstahloberfläche wirft sein makelloses, leeres Gesicht zurück.

Vielleicht noch ein Satz Liegestütze. Oder ein Schnaps.

Marek Firlej

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