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Lernt mit allen Sinnen Essen zu genießen: Jessica Schwarz in „Der Koch“

„Ich verzaubere gerne mit simplen Gerichten“

27. November 2014

Jessica Schwarz über „Der Koch“, mehrsprachige Dreharbeiten und ihre Theatererfahrung – Roter Teppich 12/14

Vor bereits mehr als zwanzig Jahren erlangte die 1977 im hessischen Erbach geborene Jessica Schwarz als „Bravo Girl“ erste Aufmerksamkeit. Nach Engagements als Moderatorin, u.a. beim Musikfernsehsender VIVA, trat sie ab der Jahrtausendwende auch als Schauspielerin in Erscheinung. Mit Rollen in Filmen wie „Nichts bereuen“ , „Das Parfum – Die Geschichte eines Mörders“, „Buddenbrooks“ oder „Jesus liebt mich“ etablierte sie sich als eine der beliebtesten Darstellerinnen hierzulande. In „Der Koch“ ist sie nun auf der Leinwand an der Seite des britischen Nachwuchsstars Hamza Jeetooa in einer Bestsellerverfilmung nach Martin Suter zu sehen.

trailer: Das Kochen ist eines der zentralen Themen des Films. Kam Ihnen das gelegen, kochen Sie selbst auch gerne?

Jessica Schwarz: Eigentlich würde ich wahnsinnig gerne viel mehr kochen, aber ich komme gerade nicht dazu. Tatsächlich habe ich das Gefühl, dass ich dieses Jahr das Kochen verlernt habe (lacht). Ich wüsste im Moment gar nicht, was ich einkaufen sollte, wenn ich zum einkaufen käme, weil ich in letzter Zeit nur von einem Catering zum anderen hüpfe. Da bekommt man auch immer tolle Anregungen. Es ist spannend, was ein Catering für 40 bis 60 Mann am Tag kocht, und dass es dabei auch noch so wahnsinnig lecker schmecken kann! Mit den Köchen tausche ich mich gerne aus. In München hatten wir gerade ein tolles Catering, das hieß „Pausenlos“, und dabei dachte ich immer, das bekomme ich zuhause nicht so toll hin! Zusätzlich gab es sogar immer noch ein Dessert. Das macht man ja zuhause auch nicht, sich nach jedem Essen noch ein Dessert zu zaubern. Im neuen Jahr möchte ich mir nun eine längere Auszeit nehmen, und da hoffe ich, dass ich dann auch wieder in meine alte Kochwut verfalle. Ich koche nämlich eigentlich wahnsinnig gerne!

Waren die Dreharbeiten zu „Der Koch“ auch anregend in Bezug auf neue Geschmacksrichtungen oder Beispiele aus der Molekularküche?

Ich kannte das ja bereits schon vor den Dreharbeiten, das Arbeiten mit Stickstoff unter der Glocke, bei der das Essen vor einem geräuchert oder „gestickstofft“ wird. Das fand ich sehr lecker. Das ist natürlich sowohl etwas fürs Auge als auch für den Geschmack. Da werden relativ viele Sinne angesprochen. Zuhause würde ich mich aber nicht mit der Molekularküche auseinandersetzen wollen, auch damit man sich den Reiz bewahrt, mal richtig toll und teurer essen zu gehen bei jemandem, der das wirklich perfekt kann. Dazu fehlen mir momentan aber einfach die Zeit und die Muße. Ich bin da gerne bei simplen Gerichten, die mit Dingen verzaubern, die man nicht erwarten würde: zum Beispiel bei Saurem etwas Süßes hinzu geben oder so. Ich liebe es, auf dem Markt einzukaufen und die frischen Sachen beim Kochen in ihrem eigentlichen Geschmack zu belassen.

War Martin Suter, der Autor der Romanvorlage, während der Dreharbeiten mal dabei? Konnten Sie sich mit ihm über Ihre Figur unterhalten?

Nein, leider nicht. Ich habe mich mit ihm unterhalten, als ich ihn bei der Premiere des Films in Zürich kennengelernt habe. Er hatte sich aus den Dreharbeiten fast ganz herausgehalten. Er war leider nie vor Ort. Aber ich brauche für mich gar nicht unbedingt die Original-Buchvorlage für meine Rollengestaltung.

War die Verständigung am Set nicht schwierig, es sind ja mindestens drei Sprachen gesprochen worden...?

Ich fand das total super. Wir hatten eine eigene Sprache für uns gefunden, die sich ideal ergänzte. Im Vorfeld war das ein heißes Diskussionsthema, wie man das beim Drehen lösen kann. Ich sträubte mich etwas und hätte meinen Text gerne auch in Englisch gesprochen, weil man dann etwas freier gewesen wäre und mehr hätte improvisieren können. So war man doch sehr auf den Text festgelegt. Im Nachhinein war es natürlich schon die richtige Entscheidung, dass ich meinen Text auf Deutsch gesprochen habe, weil der Film in erster Linie für den deutschsprachigen Raum gedreht wurde. Ich habe mich selbst auf Englisch synchronisiert, was total viel Spaß gemacht hat. Aber als ich die komplett deutsch synchronisierte Fassung gesehen habe, war ich ein bisschen traurig, weil ich die Originalstimmen vermisse und weil wir im Team mit der deutsch-englischen Fassung so gut zurechtgekommen waren. Das hätte man mal als Experiment so in die Kinos bringen müssen (lacht).

Ist es Ihnen denn schwer gefallen, sich selbst nachzusynchronisieren, oder haben Sie da mittlerweile auch schon ein wenig Routine?

Am Anfang fand ich das wirklich schlimm und bin zum Teil wütend aus dem Tonstudio gestürmt. Am Set hat man manchmal Tage, an denen man überanstrengt ist und irgendwie kiekst. Das findet man dann vielleicht gerade gut in dieser Stimmung, und kann das dann später bei der Nachsynchronisation nicht mehr herstellen. So etwas nervt mich persönlich, das finde ich dann wahnsinnig schade. Aber im Laufe der Zeit habe ich nun die Vorzüge des Synchrons kennengelernt – wenn ein Satz beim Dreh nicht so herausgekommen ist, wie er immer in der eigenen Vorstellung geklungen hatte. Bei so etwas kann man im Nachhinein dann noch einmal ein wenig frisieren. Mich auf Englisch zu synchronisieren hat aber wirklich sehr viel Spaß gemacht, weil Englisch fürs Spielen einfach eine tolle Sprache ist. Es ist für mich sogar einfacher, damit umzugehen, als mit der deutschen Sprache.

Vor zwei Jahren haben Sie mit „8 Frauen“ ihr Theaterdebüt gegeben. Haben Sie da Blut geleckt oder war das ein Versuch, den Sie erstmal nicht wiederholen wollen?

Das hat mir sehr viel Spaß gemacht! Genau in der Form hatte ich mir das immer erträumt und erhofft. Das war für meinen Einstieg nicht direkt die anspruchsvollste Theaterrolle, man kannte sie aus dem Film, und ich durfte auch singen. Das waren viele Aspekte, die für mich sehr gut passten. Das war großartig, eine ganz fantastische Zeit für mich. Ich würde das sofort wieder tun, wenn es wieder eine Rolle gäbe, die wieder genau so gut passen würde. Ich würde mich jetzt auch an etwas schwierigere Rollen wagen. Es ist eine Herausforderung, zu verstehen, was eine Bühne bedeutet, was man darauf machen kann, was der Zuschauer weiß und was er nicht weiß. Das bietet unglaublich viel Platz für Fantasien, die ich für mich am Anfang noch gar nicht recht zu nutzen wusste. Aber das lernt man, und dann ist es sehr bereichernd.

Interview: Frank Brenner

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