Vergangenen Monat ging es an dieser Stelle um Charts-Irrsinn, Einheitsbrei im Radio und die Hoffnung, dass sich das vielleicht bald ändern würde. Diese könnte vielleicht enttäuscht werden – zumindest laut einem Bericht der taz: Der WDR wolle nämlich das bunte Programm seines interkulturellen Funkhaus Europa zusammenstreichen. Der WDR weist den taz-Artikel zurück, es gehe lediglich um eine Modernisierung des Senders – was auch immer das heißen mag. Zum jetzigen Stand, Ende Februar, bleibt also nur: abwarten. Schade wäre es, wenn die sowieso schon recht farblose Radiolandschaft hierzulande noch grauer wird. Vor allen Dingen auch unnötig, da sich das Funkhaus als öffentlich-rechtlicher Sender von einem der gewichtigsten Druckmittel der Kulturindustrie lossagen kann – der Quote. Ob das schon bei der recht neuen WDR-Hörfunkdirektorin Valerie Weber angekommen ist, früher beim Privatsender Antenne Bayern, wird sich in den nächsten Wochen und Monaten zeigen.
Die Essener Ska-Band Banda Senderos läuft jedenfalls schon Sturm auf Facebook und macht Werbung für eine an den WDR-Intendanten adressierte Petition. Nachvollziehbar, schließlich schickte Funkhaus Europa die Band im letzten Sommer, gemeinsam mit anderen jungen und etablierten Musikern aus aller Welt, auf die Odyssee-Tour quer durchs Land. Ob die neue Hörfunkdirektorin auch für solche Aktionen zu haben ist? Auf jeden Fall sind regionale Musiker nicht die einzigen, die skeptisch sind. Selbst WDR-Redakteure schrieben 2013, als Weber als Direktorin vorgeschlagen wurde, Protestbriefe: Die Radiomacherin wurde von vielen mit seichtem Entertainment und PR-Aktionen assoziiert.
Doch wie gesagt, fest steht noch nichts. Aber für Musikliebhaber gilt: Im Zweifel für den Zweifel. Und für einen gesunden Argwohn, der Vielfalt zu Liebe.
Wo wir gerade bei popkulturellen Zitaten sind: Im Essener Ruhr-Museum eröffnet bald, nämlich am 5. Mai, die Ausstellung „Rock und Pop im Pott“ und will eine Einführung in die Musikszene des Ruhrgebiets bieten, von 1956 bis heute. Grund genug für das Kulturbüro der Stadt Essen, sich dem Thema Subkulturen anzunehmen, unter dem Motto: „Keine Atempause – Bewegungen und Subkulturen“. Das Programmheft zitiert Blixa Bargeld und Walter Benjamin – das Kulturbüro hat offenbar eine eher historische Perspektive gewählt. Und auch viele der Veranstaltungen sind, obgleich spannend, eher akademischen Charakters, wie zum Beispiel ein Vortrag über das Verhältnis von Judentum und Pop. Ein Fall für Kulturhistoriker ist auch der im Programm angekündigte Tourstopp des inzwischen musealen Rappers Azad in der Zeche Carl. Nichtsdestotrotz: eine gute Idee und ein gutes Zeichen, dass sich das Kulturbüro auch mit spannenden Phänomenen abseits von Hochkultur oder Pop-Mainstream befasst. Doch da geht noch mehr, gerade hier: Die „destruktive Vitalität“, von der im Programmheft die Rede ist, findet sich doch beispielsweise in der pulsierenden Techno-Szene der Stadt.
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