Gleich zu Beginn des „Open Space“ zum Tanz stellte die Tänzerin und Nachwuchs-Choreografin Lisa Freudenthal eine unerwartete, aber längst überfällige Frage: „Was will Köln eigentlich mit dem Tanz?“. Verblüfft hält man inne.
Jahrelang hat sich Kölns freie Tanzszene ins Zeug gelegt, um die Kulturpolitik von der Qualität ihres Beitrags zur Kunststadt Köln zu überzeugen – leider mit mäßigem Erfolg: unzureichende Fördermittel, fehlende Proberäume, von einer angemessenen Aufführungsstätte ganz zu schweigen. Und nun kommt eine junge Tanzschaffende, die sich nach künstlerischen Stationen in den USA und dem europäischen Ausland in Köln niedergelassen hat und stellt die schlichte Frage, ob Köln dieses Angebot einer vielfältigen, auf hohem Niveau arbeitenden Kunstform überhaupt will. Nach den jährlich repetierten Lippenbekenntnissen der Politik zur Bedeutung des Tanzes in Köln stellt schon allein die Frage die faktische Lage des freien Tanzes vom Kopf auf die Füße. Welche Wertschätzung genießt eigentlich dieses einzigartige Genre in Köln? Hat Köln nicht auch eine Bringschuld?
Zum „Open Space“ haben sich kürzlich etwa fünfzig Kölner Tänzerinnen und Tänzer, Choreografinnen und Choreografen im Deutzer „Quartier im Hafen“ getroffen, um Fragen wie diese zu beantworten – Fragen der Professionalisierung, des angemessenen Marketings, Fragen nach der Vernetzung untereinander und mit anderen Genres (Theater, Musik, Kunst etc.), nach Austausch und Formen der Intervention in Politik und Wirtschaft, aber auch nach Utopien für den Tanz in Köln.
Es war das größte Treffen der Tanzszene seit Jahren und es fand wohl auch deshalb so viel Zuspruch, weil die problematische Lage inzwischen jeden Tanzschaffenden auf irgendeine Weise berührt. Doch in den Arbeitsgruppen ging es weniger um eine Bestandsaufnahme als um die Erarbeitung strategischer Ziele. Schon die Einladung zu diesem Treffen klingt wie ein Aufbruch zu neuen Horizonten: „Die Zeit ist reif, dass wir – die mit Tanz professionell befassten Menschen in Köln – uns neu zusammenstellen, austauschen und eine starke Vision für den Tanz in unserer Stadt entwickeln.“
Dieses neue Selbstbewusstsein des Tanzes bekam auch die Kulturamtsleiterin, Barbara Förster, zu spüren, die der Einladung zum Open Space gefolgt war und sich der Debatte um ein Produktions- und Aufführungshaus stellte. Sie erkannte an, dass „der Tanz den größten Bedarf“ habe und sprach von der Notwendigkeit eines „mehrfunktionalen Raumes vorrangig für den Tanz“. Der Tanz, so Förster, möge doch erklären, unter „welchen Bedingungen“ man mitzumachen bereit sei, das „Modell steht im Raum“. Wichtiger als die Scharmützel um das von Kulturdezernentin Laugwitz-Aulbach präferierte Drei-Sparten-Haus aber bleibt die Eingangsfrage, was Köln mit dem Tanz will. Die in das Tanzförderkonzept der Stadt aufgenommene mittelfristige Planung für die Entwicklung des Tanzes in Köln ist noch nicht einmal ansatzweise sichtbar.
Man darf gespannt sein, wann die Kulturstadt Köln ihre Bringschuld erfüllen wird. Darauf wartet nicht nur die Tanzszene, sondern auch das Publikum.
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