Am 12.4. wurde im BlueSquare der RUB das Projekt www.literaturkarte.ruhr präsentiert. Mit ihm sind nun zahlreiche „Schauplätze aus Romanen und Gedichten, Aufenthaltsorte von Ruhrgebietsautoren, literarische Institutionen und Autorenbewegungen“ auf einen Blick zu finden.
Je nach Nutzerinteresse lassen sich auf der Literaturkarte fünf Zeitabschnitte separat darstellen, die jeweils durch regionalgeschichtliche Meilensteine unterteilt werden. So etwa die Zeit vor und nach der erstmaligen Erwähnung des Ruhrgebiets als regionale Einheit im Jahr 1867. Kaum ein halbes Jahrhundert später wurde 1920 gar eine eigenständige (Räte-)Republik in der umkämpften Industrieregion ausgerufen – nachzulesen im historischen Roman „Brennende Ruhr“ von Karl Grünberg, dessen digitaler Fußabdruck in Oberhausen als wichtigstem Schauplatz der Erzählung zu finden ist. Während die Ruhr-Republik nur wenige Wochen Bestand hatte, gibt es den im selben Jahr gegründeten Regionalverband Ruhr (RVR), der auch 2016 wieder den mit 10.000 Euro dotierten Literaturpreis Ruhr auslobt, auch heute noch. Eine weitere Zäsur wird mit dem Jahr 1958 markiert, als im Zuge der ersten Kohlekrise das Zechensterben in der Ruhr-Region begann. Das Kulturhauptstadt-Jahr 2010 schließlich stellt den (vorerst) letzten Meilenstein dar, an dem sich die Nutzerinnen und Nutzer orientieren können.
„Wir sind in die vielen Bibliotheken ausgeschwärmt, die das Ruhrgebiet zu bieten hat, um Material zu sammeln und hieraus die digitalen Marker zu generieren“, berichtet Tina Häntzschel, die als studentische Hilfskraft maßgeblich an der Realisierung des Projekts mitgewirkt hat. Zusammen mit Sofie Mörchen, die sich als eine von 16 Studierenden des Fachs Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft – kurz: Komparatistik – an der Ruhr-Uni Bochum ehrenamtlich an der Realisierung beteiligt hat, bringt sie die „Literaturkarte Ruhr“ dem interessierten Publikum näher. So verweisen die virtuellen Fußabdrücke auf der interaktiven Karte, welche die Topographie der 53 Städte und Kreise im Regionalverband Ruhr nachzeichnet, auf die literarischen Spuren der bislang einbezogenen RuhrgebietsautorInnen. Im Bereich der Ruhr-Universität etwa ist auch eine digitale Fußspur des Bochumer Kabarettisten und Autors Frank Goosen zu finden, dessen Roman „Pokorny lacht“ dort spielt. Darüber hinaus gibt es dort klickbare Elemente, die etwa auf die dort verankerte Literarische Gesellschaft Bochum oder die auf dem Campus entstandene Gruppe „Treibgut – Literatur von der Ruhr“ hinweisen.
Das auf der Literaturkarte Ruhr erfasste Spektrum beschränkt sich zudem nicht nur auf hochdeutsche Literatur: „Natürlich sind plattdeutsche Autoren ebenfalls hoch willkommen“, betont die projektverantwortliche Komparatistik-Dozentin Dr. Stephanie Heimgartner, die die umfangreiche Datensammlung koordiniert hat. Das Projekt hat sie zusammen mit ihren Studierenden innerhalb eines einzigen Semesters in nur zwölf Wochen auf den Weg gebracht. Die Programmierung der Literaturkarte realisierte Kathrin Braungardt von der Stabsstelle eLearning der RUB. Bildmaterial zu ebenfalls auf der Karte anklickbaren Institutionen des Literaturbetriebs an der Ruhr hat die Dortmunder Fotografin Lara Ingenbleek beigesteuert.
Bislang ist schätzungsweise ein Drittel des Datenmaterials ausgewertet. Für eine langfristige Weiterarbeit muss allerdings die künftige Finanzierung auf eine nachhaltige Basis gestellt werden. „Zunächst werden wir das Projekt mit Mitteln aus dem ‚Forschenden Lernen’ der Ruhr-Uni weiter stemmen können“, ist sich Stephanie Heimgartner sicher. Darüber hinaus wird derzeit aber auch nach Sponsoren gesucht. Im nächsten Schritt soll zudem die interaktive Komponente des Projekts ausgebaut werden: „Jeder kann dann selbst als Autor aktiv werden“, stellt Sofie Mörchen bei der Präsentation im BlueSquare enthusiastisch in Aussicht. Auch eine spätere Erweiterung der Literaturkarte auf ganz NRW wäre eine Option. Dies alles setzt jedoch voraus, dass sich Institutionen sowie Privatpersonen finden, die eine Verstetigung des Vorhabens tatkräftig und wenn möglich auch finanziell unterstützen. Verdient hätte es das Projekt allemal!
Wer sich für eine aktive Mitarbeit interessiert und/oder den Ausbau der Literaturkarte Ruhr finanziell unterstützen möchte, kann sich gerne per Mail an die Projektkoordination wenden: literaturkarte-ruhr@rub.de
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