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Maria Pourchet
Foto: © Richard Dumas

Frauen gegen Frauen

26. September 2024

Maria Pourchets Roman „Alle außer dir“ – Textwelten 10/24

Die Autofiktion besitzt in Frankreichs feministischer Literatur eine Tradition, die mit großen Namen bestückt ist. Ob in den Büchern von Marguerite Duras, Christine Angot oder Annie Ernaux, stets scheint diese Form der Literatur eine besondere Möglichkeit für unbequeme Wahrheiten zu bieten. Wer von sich selbst spricht, bekundet Wahrhaftigkeit und zugleich ermöglicht der fiktionale Ansatz Spielräume, die von der Statik der Bekenntnisse entlasten. Auch Maria Pourchet bezeichnet ihren Text „Alle außer dir“ als Roman. Und doch weist Marie, ihre Erzählerin, zahlreiche Parallelen mit ihrer eigenen Biographie auf. Wie Pourchet, die aus dem abgelegenen Epinal in Lothringen kommt, ist auch sie in der Beobachtungshölle einer Kleinstadt aufgewachsen. Von dort ist die Flucht nach Paris für das Studium und eine angestrebte Autorinnenkarriere fast obligatorisch.

Als Marie im Kreißsaal den nachlässigen Behandlungen der Krankenschwestern ausgesetzt ist, entzündet sich jener innere Monolog, der sie schon ein Leben lang umtreibt, aufs Neue. Warum behandeln Frauen andere Frauen schlecht? Das ist die zornige Frage einer Tochter, die sich von ihrer Mutter stets ungeliebt und verachtet fühlte. Als „fleischgewordener Fehler“ erlebt sich diese Tochter. Marie war stets das Kind, das nach Schulschluss nicht abgeholt wurde und das nicht an der Hand über die Straße geführt wurde, sondern das man nur am Ärmel zog. Ja, die Tochter wird für die Mutter zum Prellbock, auf den diese unablässig ihre verbale Missbilligung niederprasseln lässt. Und trotzdem hat Marie es geschafft, zu entkommen und sich ein eigenes Leben aufzubauen. Den Schatten der Mutter wird sie dennoch nie ganz los. Fast monomanisch arbeitet sich Marie an dieser verbitterten Muttergestalt ab, die schon durch die Lieblosigkeit der Großmutter gezeichnet war. Die Machtlosigkeit, die die Frauen in der patriarchalen Gesellschaft der Provinz erdulden mussten, erzeugt eine Frustration, die sich in Bosheiten Luft verschafft. Mit ihrem knappen, temperamentvollen Ton und dem Blick für die kleinen entlarvenden Alltagsgesten bietet Maria Pourchet einen Roman, der Zorn und Erkenntnis erfrischend kombiniert.

Maria Pourchet: Alle außer dir | A. d. Franz. v. Claudia Marquardt | Luchterhand Literaturverlag | 172 S. | 22 Euro

Thomas Linden

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