Es gibt verschiedene Modelle, die die Arbeitsatmosphäre verbessern, ein ausgewogeneres Verhältnis zwischen Freizeit und Arbeit schaffen oder generell das Arbeitsleben erleichtern sollen – und einige davon werden in Spanien erprobt oder setzen sich durch. Derzeit wird auch außerhalb Spaniens vor allem die Einführung des Menstruations-„Urlaubs“ diskutiert – ein irreführender Begriff, da es sich nicht um zusätzlichen Urlaub handelt, sondern um eine Möglichkeit der Krankmeldung für Frauen, die unter starken Menstruationsschmerzen leiden. Als Gleichstellungsinitiative plant Spanien hierbei, per Gesetz zu verankern, dass Frauen die Möglichkeit haben, sich mehrere Tage im Monat krankzumelden, sollten sie unter starken Regelschmerzen leiden – und das bei vollem Lohn. Mitte Mai wurde dies offiziell bekanntgegeben, doch muss das Gesetz noch genehmigt werden. Obwohl ähnliches bereits vielerorts diskutiert wird, wäre Spanien damit das erste europäische Land, das dieses Modell als Gesetz einführt.
Freiwilliges Angebot
Dieser Beschluss ist nicht der einzige, der spanischen Arbeitnehmer:innen zu einer besseren Work-Life-Balance verhelfen soll. Denn Spanien testet und plant – wie auch andere Länder – schon seit einiger Zeit die Viertagewoche. Im Kontrast allerdings zu anderen europäischen Ländern, beispielsweise Belgien, soll nach dem spanischen Modell – zumindest in der bekanntesten diskutierten Fassung – auch die tatsächliche Arbeitszeit reduziert werden. Das heißt: Die bisherige Arbeitszeit würde nicht nur über vier statt fünf Tage verteilt werden, sondern es würde sich auch die tatsächliche wöchentliche Arbeitszeit verringern. Noch erscheinen diese Pläne unübersichtlich, denn es gibt viele einzelne Projekte und Ideen: Bereits 2020 hat Software DelSol als erste spanische Firma die Viertagewoche eingeführt. Kürzlich hat die Firma Telefónica ihren Mitarbeiter:innen angeboten, wöchentlich vier statt fünf Tage zu arbeiten – allerdings mit reduziertem Gehalt, wobei Telefónica einen Bonus von 20 Prozent anbietet.
Politik zieht mit
Wie steht die Regierung zu der Entwicklung? Im Frühjahr 2021 hat die spanische Regierung einem Vorschlag der linken Partei Más País zugestimmt, einen offiziellen Versuch zu starten, in dem Firmen die Viertagewoche erproben können. Geplant ist, dass Spanien über 3 Jahre hinweg eine 32-Stundenwoche testet, bei der der Lohn nicht gekürzt wird. Dies sollte 2022 starten, wurde nun allerdings verschoben auf nach dem Sommer.
Spaniens Rolle als Vorreiter besserer Arbeitsbedingungen reicht weit zurück: Bereits im frühen 20. Jahrhundert zählte es zu den ersten Ländern, die infolge von Streiks den Achtstundentag einführten. Es bleibt abzuwarten, ob Spanien also bald das Pionierprojekt der Viertagewoche bei verringerter Arbeitszeit startet.
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