An allen Zugängen vereiteln Besucherschleusen den Druck von größeren Gruppen. Zutritt erfolgt mit Termin und mit einem Besucherausweis. Führungskräfte bewegen sich außerhalb des „heiligen Bezirks“ in dezenten Limousinen, ein spezieller Fahrdienst chauffiert die Macher. Hohe Gitter und Mauern bewachen Geheimes in stadtzentraler Lage, Büros und Konferenzräume verfügen teilweise über verführerischen Domblick. Die unbezahlbaren Bauplätze vermitteln den Willen zur Nähe zum Bürger, dessen Blick allerdings an den modernen Glasfronten schroff abprallt. Legenden erzählen von Jobs in diesen Mauern, die sich eigentlich vor Jahren schon erledigt haben, deren Inhaber aber immer noch geschäftig und unentdeckt Arbeit vortäuschen. Aber diese Mähren, meist über staatsdienende Instanzen, wiederholen sich weltweit wie die Horrorszenarien angesichts eines zentralen Paternosters, eines permanent laufenden offenen Aufzugs (Info für die Jüngeren!), der als „Kontrabass-Knacker“ wildeste Fantasien schürte.
Ja, das Szenario beschreibt die Gebäude des WDRs, und auch richtig, der seltene historische Aufzug existiert im Kölner Funkhaus am Wallrafplatz. Zum Saisonstart lädt der Sender und seine vier prächtigen Klangkörper zu einem ganzen Tag mit Klassik und Film, Jazz, Chormusik und game music, das ist Musik, die bei Computerspielen läuft (Info für die Älteren!). Letztere wird übrigens mittlerweile konzertant auch vom WDR serviert und erfährt einen atemberaubenden Zuspruch. Eine Veranstaltung wählt deshalb am 11.9. die Oberhausener Arena als angemessenes Gefäß für die zahllosen jungen Fans dieser in der Realwelt völlig unbekannten Werke.
Um die kleinen Hörer dreht sich am ersten Sonntag im September bei fast allen Projekten zum Mitmachen, in Workshops zum Ausprobieren oder zum Kennenlernen von Instrumenten, bei Führungen durch Instrumentensammlungen oder bei Vorführungen mit DJs und Soundkünstlern eigentlich alles. Da gibt es mehrfach Konzerte mit dem „Young Person‘s Guide to the Orchestra“, einem bewährten Klassiker für kleine Hörer. Aber auch Tierstimmen und Tierlieder werden thematisiert, und besonders einmalig sind die ungeheuren Mengen an kompetentem Fachpersonal, die ein Orchester erklären oder einzelne Instrumente. Sogar Spezialfragen wie nach klassischem Schlagwerk und modernem Funk-Schlagzeug werden klingend erklärt.
Nebenbei proben Rundfunk- und Sinfonieorchester, der Chor und die Big Band öffentlich. Probenbesuche wirken oft erhellend, beantworten z.B. die meist verschwiegene Frage: Wozu ist der Dirigent eigentlich da? – Fragen nicht nur für die Kinder. Und das WDR Sinfonieorchester spielt Vivaldi, zunächst wie gewohnt in barockem Glanz, dann mischen ein Elektroniker und ein DJ den Jahreszeiten-Komponisten knackig auf. Eltern dürfen diese konzentrierte Form musikalischer Frühvermittlung wenn möglich nicht verpassen, und alle an Musik interessierten Bürger sollten den Blick in das sonst so gut geschützte Funkhaus riskieren – diesmal sind nicht nur Saaltüren geöffnet.
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