Mit „Tosca“ ging nicht nur eine Premiere an den Start, sondern auch die Einweihung eines neuen Hauses für die Kölner Oper. „Oper am Dom“ nennt sich der ehemalige „Musical Dome“ jetzt, und mit Puccinis Musik hat er auch musikalisch einen sanften Übergang gewählt: Wer schöne Musik mag, ist jetzt im einst liebevoll „Blauer Müllsack“ getauften Musikzelt willkommen.
Auch dieses Gebäude steht ja mahnend für die stringente Stadtentwicklung der Lokalpolitik. 1996 wurde der Glas-Stahl-Bau in sechs Monaten aus der Erde gestampft, um das Musical um den spanischen Architekten „Gaudi“ zu realisieren. Das sorgte aber nie für genügend Gaudi bei den Besuchern, die Betreiber gingen nach kurzer Zeit Pleite. Nur das Zelt steht im ewigen Köln jetzt im 16. Jahr, und das ist tatsächlich heute ein Glücksfall. Da die Kölner Oper am Offenbach-Platz für drei bis x Jahre der Renovierung überlassen wird, lautet die neue Stammadresse nun „Goldgasse 1“ – schon das macht Lust auf das Gold aus den Kehlen der Opernstars.
Hier wohnten früher allerdings die sogenannten „Goldgräber“, die Kloakenreiniger der Stadt, die ihre nächtliche Beute im nahen Fluss versenkten. Vielleicht findet deshalb niemand das Rheingold? Beim jetzigen Premierenstart ging es aber nicht um versunkende Schätze, sondern um die Liebe und um ein unpolitisches Leben für die Schönheit der Kunst, dessen neutrale Schutzfunktion in totalitären Systemen nicht funktioniert – auch die Träumer werden erschossen.
Bei aller Größe der Gefühle auf der Bühne war aber auch sehr spannend, wie ein solcher Kommerz-ausgerichteter Bau auf die Segnungen hoher Kultur reagiert. Ein akustisch nach außen schlecht isolierter und zwangsläufig klimatisierter Raum birgt akustische Irritationen, die ein Operngänger nicht kennt. Aber das sanfte Rauschen im Raum und die Noteinsatz-Sirenen und Auspuffgeräusche italienischer Sportwagen von außen verhalfen im Falle „Tosca“ zu einer authentisch wirkenden Großstadt-Atmo, wie sie der Spielort mitten in Rom auch auf der Bühne vorgaukelte. Ganz toll gefiel der Klang des Gürzenich-Orchesters, des städtischen Opernorchesters, der ungewohnt brillant aus dem aufwändig und großzügig nachgerüsteten Orchestergraben herausschlug. Die Instrumente mischen sich perfekt zu einem Klang, der wie künstlich abgemischt klingt – nichts schwirrt allein umher, nichts wird ausgeblendet. Die Dirigenten, in diesem Falle Markus Stenz, lenken also einen hochfrisierten Klangkörper mit ungewohnten Beschleunigungswerten – da muss fein dosiert werden. Dieser Klang ist so stark, dass als Bühnenpersonal zwangsläufig nur hervorragende Opernstimmen eine Chance haben. Die Regisseure werden gezwungen sein, musikalisch und sängerfreundlich zu inszenieren. Was die Bühnentechnik zu leisten vermag, dieses Geheimnis lüftete die Einbild-Inszenierung jetzt nicht. Aber Thilo Reinhardts „Tosca“-Inszenierung zeigte eindrucksvolles Musiktheater ohne Ausstattungsschlacht – das kam gut an und liegt gerade stark im Trend.
„Tosca“ I 31.5./2./6./9./13./15.6. 19.30 Uhr, 17.6. 16 Uhr I Oper am Dom, Goldgasse 1 I www.operkoeln.com
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