Einmal jährlich verwandelt sich der Dortmunder Westfalenpark in einen vor elektronischen Vibes knisternden Sommernachtstraum, wo die buntgemischte Besucherschar von Gig zu Gig an prachtvollen Blumenmeeren und Seerosenteichen entlang wandelt. Seit der Premiere 1996 in Umfang und musikalischem Facettenreichtum stetig gewachsen, gehört das Juicy Beats gegenwärtig zu einem der beliebtesten und musikalisch herausstechenden Festivals in NRW.
Japanische Fesselelfen
Die schwedischen Bondage Fairies lieferten trotz undankbar früher Spielzeit mit ihren durch nostalgische C 64-Sounds veredelten Klangkreationen ein erstes Highlight. Nebst schräger Maskerade und schnellen Riffs lockten die Stockholmer um Elvis Creep viele Tanzwütige vor die Energy Session Stage des Dortmunder FZW, dessen Line-Up sich wie ein separates Festival las. Im Anschluss eröffnete der Egotronic-Frontmann Torsun Burkhardt seinen Auftritt mit den Worten „Bin ich betrunken!“ und brachte ordentlich Bass aus Berlin mit. Wie das aktuelle Album der Bondage Fairies stammt auch Egotronic aus dem Hause des Hamburger Labels Audiolith, das durch die Produktion von Bratze und Frittenbude nicht unerheblich dem Erfolg von Kraftklub speziell und der vitalen deutschen Electro-Szene insgesamt Vorschub geleistet haben dürfte.
Bock auf Disko
Unglücklich vom Veranstalter terminiert war der dazu parallele Auftritt der artverwandten Susanne Blech unter dem Sonnensegel nebenan. Bekannt für gut gemischte Beats und dadaistische bis philosophische Lyrics festigte die im letzten Jahr extrem durchgestartete Ruhrstadt-Band beim 17. Juicy Beats ihren Ruf als anarchische Live-Attraktion, als die Fans bei der Zugabe die Bühne stürmten. Wie Susanne Blech-Sänger Timon-Karl Kaleyta verriet, nahm man den organisatorischen Fauxpas mit Humor. Von interner Konkurrenz keine Spur, schließlich kennt man sich seit Jahren und hat mit Egotronic „I love Wagner“ komponiert. Torsun von Egotronic schlenderte noch im Backstage-Bereich von Susanne Blech vorbei, erklärte das Juicy Beats zu einem seiner Lieblingsfestivals und zog weiter zu Beatboxer Beardyman.
Am frühen Abend lohnte ein Spaziergang zu den halb gehauchten Kompositionen der an Björk erinnernden, brasilianisch-stämmigen Singer-Songwriterin Dillon am Konzerthaus-Stage oder zu dem DJ-Set von Freakatronic am idyllischen Seepavillon. Ab 19:30 scharrte sich die Fanbase von Headliner Caspar um die Mainstage, während andere bei den melancholischen Kompilationen von Get Well Soon chillten. Als Einstimmung zu den diversen Partys war man bei dem rasanten Balkan-Pop von Shantel & Bukovina vor der Funkhaus Europa-Bühne allerdings am besten aufgehoben. Shantel brachte mit seinen folkloristischen Gypsypunk- und Ska-Variationen spätestens mit „Disko Partizani“ das Publikum zum ekstatischen Kasachok.
Der heißeste Ort im nächtlich illuminierten Park – metaphorisch wie buchstäblich – dürfte die Terrasse des Florianturms gewesen sein. Klaus Fiehe, Blu Mar Ten und Doub’l Trouble ft. MC Sola Plexus heizten dort mit derart heftigen Basslines ein, dass die Wände spürbar dröhnten, bis um 4 Uhr morgens auch das 17. Juicy Beats zu Ende ging wie ein viel zu kurzer Traum. Es hätte kaum verwundert, wenn Puck persönlich die Pforten geschlossen hätte.
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