Die Tschechen haben über Generationen großartige Musiker hervorgebracht. Böhmische und mährische Musikanten zieren weltweit die Orchester und tragen ihre außergewöhnliche Musikalität in die Musik. Auch die Amerikaner holten den „Böhmischen Brahms“ über den großen Teich, gemeint ist Antonín Dvořák, er sollte den Amis eine neue, eigene „klassische“ Nationalmusik schaffen. An Dvořáks Tradition knüpft jetzt der Essener GMD Tomás Netopil an, der in seinem Abo-Konzert mit dem markanten Titel „amerikanisch“ im Mai die wahren Nationalkomponisten Amerikas erklingen lässt – als „Tscheche in Essen“.
Als „Amerikaner in Paris“ erfand Gershwin einen frühen urbanen Orchesterklang, in dem er originale Autohupen aus Paris zur New Yorker Premiere importieren ließ. Die Musik spiegelt den Blick eines amerikanischen Touristen auf die Seine-Metropole, der launige Beobachter schlendert zu Ragtime und Blues über die bunten Boulevards. Diese Komposition kennzeichnet außerdem die typisch amerikanische Natürlichkeit im Umgang mit Mischformen aus „seriöser“ und unterhaltender Musik – da hängen die deutschen Kulturbürger noch nach.
Auch Leonard Bernsteins Musical „West Side Story“ lebt von den Rhythmen des Jazz, es ist das Meisterwerk dieses charismatischen Superstars unter den Dirigenten, der vor 25 Jahren in New York verstarb. Kein anderer Dirigent verkörperte so stringent wie Lenny die Gegenposition zum europäischen Großmeister Herbert von Karajan – Lenny war ein Musikvermittler der Zukunft, ein echter Mensch und Freund und musikalisch ein Berührer. Lebens-Nähe zeigt auch die an „Romeo und Julia“ angelehnte Handlung seiner Story im puertoricanischen Viertel New Yorks, mit Gangs und Straßenschlachten entwirft sie ein modernes Sittengemälde mit hinreißender Musik.
Das Prädikat „Ergreifende Musik“ wird nicht häufig verliehen. Für ein Werk des amerikanischen Komponisten Samuel Barber wurde dieser Ausdruck wohl erfunden. „Adagio for Strings“ fungiert als nationale Trauermusik in der Neuen Welt, zahlreiche Präsidenten wurden mit diesen Klängen zu Grabe getragen, nationale Gedenkveranstaltungen erhielten mit dieser Streichermusik emotionalen Tiefgang. Leider hat sich das sonstige Werk dieses postromantischen Komponisten in unseren Landen nie durchgesetzt. Nur das Adagio erklingt auch in Europa – Barber hat es ja auch in Rom komponiert, und der Italiener Arturo Toscanini hat es in New York uraufgeführt.
Aaron Copland komponierte für Zeitgenossen wie Benny Goodman und schrieb „Wildwest-Ballette“ mit Titeln wie „Billy the Kid“ oder „Rodeo“, echte nationale Themen – galt doch Kid einst als amerikanischer Robin Hood. Sein populärstes Werk wurde aber die Ballettmusik „Appalachian Spring“, dafür wurde er sogar mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnet: Ein Frühling in der grandiosen Natur Amerikas bleibt bis heute preisverdächtig.
Sinfoniekonzert der Essener Philharmoniker – amerikanisch. | Do 7.5. u. Fr 8.5. 20 Uhr | Philharmonie Essen | www.philharmonie-essen.de
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