Geduldig wartet das Publikum in der Dezemberkälte vor der großen Halle der Tanzfaktur, um die Performance „Tank“ von Doris Uhlich zu sehen. Im Rahmen des Sommerblut Festivals sollte die Wiener Künstlerin eigentlich schon im Mai in Köln gastieren. Die Erleichterung war groß, als dann doch noch alle Corona-Hürden überwunden werden konnten.
So blicken auf der komplett besetzten Tribüne die Besucher in dicken Mänteln und Schals erwartungsvoll auf den großen milchig-weißen Glaszylinder, der als einziges Requisit auf der Bühne platziert ist. Zunächst schiebt sich eine Fußsohle aus dem Dunst im Inneren des Tanks gegen das Glas, später eine Handfläche. In Fragmenten enthüllt der weiße Nebel Teile von Doris Uhlichs Körper. Wie jene Glasbehälter, in denen die Naturkundemuseen Föten oder Gehirne in Formaldehyd konservieren, wirkt der mächtige Tank. Irgendwann ist der weiße Dunst verschwunden und zu den harten Elektrobeats, die die Halle vibrieren lassen, agiert die Künstlerin nackt hinter der Glasscheibe. Keine ihrer Bewegungen wäre jemals in einem Nachtclub oder einer Erotikshow zu sehen. Es sind keine lockenden Gesten, mit denen sie ihren Körper exponiert. Die Künstlerin konfrontiert ihr Publikum demonstrativ mit der Realität des Körpers. Doris Uhlich trägt die Nacktheit so selbstverständlich wie ein Kleid – auch beim später begeistert einsetzenden Schlussapplaus.
Transparenz ist eines der Themen, die Uhlich mit weicher Stimme in der gläsernen Röhre formuliert. So erinnert sie daran, dass wir mit der Digitalisierung und den visuellen Medien Teile unserer Intimität aufgegeben haben. Es gibt immer weniger Räume, in denen wir uns ohne den Blick der anderen entwickeln können: „Du siehst mich, ich sehe dich“. Wenn sie in wildem Stakkato ihr langes Haar vor und zurück wirft, sich der Körper durch die Glaswölbung verzerrt, wird die Tradition der österreichischen Aktionskunst in der Nachfolge von Otto Mühl oder Hermann Nitsch plötzlich wieder lebendig. Nur geht Doris Uhlich einen Schritt darüber hinaus: Befreit hat sie den Körper schon – jetzt gilt es, ihn anzunehmen.
Die Frage nach Schönheitsidealen und kosmetischen Korrekturen, die eine Zurichtung auf mediale Bilder verlangen, rückt Uhlich durch ihre überzeugende Präsenz ins Bewusstsein. Sie selbst bürgt mit der eigenen Haut für ein Selbstbestimmungsrecht, das gerade in Zeiten der Digitalisierung immer stärken bedroht scheint.
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