Danica Dakić lässt den Ausstellungsraum leer. Nichts, was auf eine konventionelle Skulptur weist. Innerhalb der Reihe zur Skulptur im 21. Jahrhundert, die das Lehmbruck Museum in seiner Glashalle veranstaltet, definiert Dakić die Skulptur vom Betrachter aus. Ein Textband in einem brüchig verwischten Weiß schlängelt sich über den dunklen Steinboden. An den Rändern des Raumes sind aus sieben Lautsprechern Stimmen, aber auch Musik zu hören, mitunter in betörender Anmutung. Die Sprachfragmente handeln von Alltag und von Flucht, auch von Kriegserfahrung. Zugleich folgt der Betrachter der Textcollage zu seinen Füßen und wechselt vielleicht die Spur, um sich assoziativ treiben zu lassen.
Danica Dakić hat ihre Klanginstallation „Missing Sculpture“ auf den Ort, das Lehmbruck Museum, hin entwickelt. Die Sprachcollage besteht aus Briefen des expressionistischen Bildhauers Wilhelm Lehmbruck sowie Berichten von Kursteilnehmern der Kunstvermittlung des Museums, die unterschiedlichen Nationen und Kulturen angehören. Und die Textfragmente auf dem Boden entstammen der Dankesrede von Joseph Beuys zum Wilhelm-Lehmbruck-Preis 1986. Dakić geht von seiner Idee der Sozialen Plastik aus und fragt nach deren Aktualität und Zukunft.
Sie wurde 1962 in Sarajevo geboren. Sie hat an den Kunstakademien in Belgrad und Düsseldorf studiert, wo sie seit 1993 lebt. International bekannt wurde sie auf der Documenta 2007. Im Zentrum der dortigen Videoinstallation standen die Erzählungen von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen vor der Panoramatapete des Deutschen Tapetenmuseums in Kassel. Bis heute realisiert Danica Dakić, oft eingebettet in einen theatralischen Kontext mit Verweisen auf die Kunstgeschichte und spezifische kulturelle Zusammenhänge, partizipatorische Projekte, die nach der Identität in Zeiten von Migration und Krieg, dem Umgang mit der eigenen Erfahrung und dem kollektiven Gedächtnis fragen. Ihre Ausstellung – denn das ist es – im Lehmbruck Museum ist ein weiterer eindrucksvoller Beitrag innerhalb ihres Konzeptes.
„Danica Dakić – Missing Sculpture“ | bis 19.3. | Lehmbruck Museum Duisburg | 0203 283 32 94
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Der Kern der Dinge
Zwischen Konzept und Skulptur: Alicja Kwade im Lehmbruck Museum in Duisburg – kunst & gut 12/23
Auf Zeitreise
„Ein Blick zurück“ im Lehmbruck Museum in Duisburg – Ruhrkunst 09/23
Abstraktion als Sprache der Gegenwart
Nicht Einzel- sondern Kontextausstellung: Barbara Hepworth in Duisburg – kunst & gut 05/23
Brechung und Abstraktion
„Die Befreiung der Form“ in Duisburg – Kunst 03/23
Brieftauben und Vogelperspektiven
Norbert Kricke in Duisburg – kunst & gut 01/23
Der Raum, den die Skulpturen fühlen
Antony Gormley im Lehmbruck Museum Duisburg – kunst & gut 11/22
Großes Kino
Ausgezeichnet: Cardiff & Miller im Lehmbruck Museum Duisburg
– kunst & gut 05/22
Skulptur in Bewegung
Tony-Cragg-Ausstellung im Lehmbruck Museum – kunst & gut 02/22
Teil des Museums
Die Erwerbungen des Freundeskreises für das Lehmbruck Museum
Das Prinzip der Form-Schöpfung
„Lehmbruck – Beuys“ in Duisburg – Kunstwandel 08/21
Jede Butze ein Kunstwerk
„City Atelier“ in Duisburg
Sachlich, Realistisch, Magisch
DU: Lehmbruck Museum | Di-Fr 12-17, Sa-So 11-17 Uhr
Gelb mit schwarzem Humor
„Simpsons“-Jubiläumschau in Dortmund – Ruhrkunst 10/24
Die Drei aus Bochum
CityArtists in der Wasserburg Kemnade – Ruhrkunst 09/24
Roter Teppich für das Kino
Kino- und Filmgeschichte des Ruhrgebiets im Essener Ruhr Museum – Ruhrkunst 08/24
Lebendige Zeitgeschichte
Marga Kingler im Essener Ruhr Museum – Ruhrkunst 07/24
Happy End
Ausstellung über Glück in Bochum – Ruhrkunst 07/24
Im Bann der Impulse
„Radiant“ im Lichtkunstzentrum Unna – Ruhrkunst 06/24
Alle für einen
Matthias Wollgast im Märkischen Museum Witten – Ruhrkunst 06/24
Leben in der Wüste
Namibia-Ausstellung im Naturmuseum Dortmund – Ruhrkunst 05/24
Hin und weg!
„Ferne Länder, ferne Zeiten“ im Essener Museum Folkwang – Ruhrkunst 05/24
Utopie und Verwüstung
„The Paradise Machine“ in Dortmund – Ruhrkunst 04/24
Ins Blaue
„Planet Ozean“ im Gasometer Oberhausen – Ruhrkunst 04/24
Intensive Blicke
Fotografin Annelise Kretschmer im MKK Dortmund – Ruhrkunst 03/24
Kultige Cover
Designagentur Hipgnosis in Oberhausen – Ruhrkunst 03/24