Im Untergeschoss des Lehmbruck Museums entfaltet sich ein Jahrhundert städtisches Kunstschaffen: eine bunte Vielfalt an Stilen, Techniken, Ideen und Motiven, luftig im Raum verteilt. Was die 42 disparaten Werke verbindet: Sie sind Teil der Museumssammlung und stammen allesamt von Mitgliedern des Duisburger Künstlerbundes. Vor 100 Jahren gegründet, wollten ausgebildete Maler, Bildhauer und Fotografen sich in Krisenzeiten gegenseitig unterstützen und austauschen, gemeinsam ausstellen und das Kulturleben der Stadt bereichern. Nicht als Künstlerteam – jeder macht weiterhin sein eignes Ding –, sondern als lose Gruppierung. Vernetzung sagt man heute. Das Museum unterstützt(e) die Aktivitäten, besitzt von der Hälfte aller Mitglieder mindestens ein Werk und lädt im Jubiläumsjahr zur Zeitreise mit Arbeiten von 35 Künstlern und Künstlerinnen.
Die Treppe hinab zur Ausstellung führt direkt schon auf drei Hingucker zu, die unterschiedlichen Zeitgeist repräsentieren. Links Zimmermanns knallbuntes „Würfelobjekt“ von 1971, geradeaus Schernsteins s/w-Fototableau von finsteren Industrie-Impressionen (1995), rechts danebenBarbara Deblitz‘wunderbar komisches Foto-Triptychon„Das unterste zuoberst“, 2007:Eine junge Frau mit neutralem Blickträgt abstruse Kopfaufbauten aus ausgestopften Kleidungsstücken – eine Arbeit, die Skulpturales, Bildhaftes und Fotografie verbindet. Ein passender Auftakt für die Überblicksschau in zwei Kapiteln.
Der größte Bereich zeigt Nachkriegskunst. Der offene Raum schafft Blickachsen und Bezüge zwischen den Künstlergenerationen. Dies führt zu reizvollen Dialogen, wenn z. B. Andrea Benders grotesk monströse „Menschenmasse“, ein Großformat von 2008, auf H.-J. Vorsatz‘ Bodenskulptur zum „9. November 1989“ zuwalzt. Oder Ulrike Waltemathes „Gummimutanten“, Gute-Laune-Latexobjekte mit gepunkteten Tentakelnvon 2007, Informel-Werke aus den 1950ern oder Hermann Kurz‘ verstörende Ölskizze „Totempfahl“ (1990) kontrastieren. Der Parcours ist abwechslungsreich, die Qualität hoch. Auch in der ins hintere Eck separierten „historischen Abteilung“ mit Bildern aus der Gründungsphase –das älteste die Radierung „Bei Ruhrort“ von Artur Zahn,1928. Was die aktiven 21 Mitglieder des Künstlerbundes aktuell beschäftigt, zeigen sie im Frühjahr 2024 wieder im Museum vor Ort.
Ein Blick zurück – 100 Jahre Duisburger Künstlerbund | bis 1.10. | Lehmbruck Museum Duisburg | 0203 283 32 94
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Der Kern der Dinge
Zwischen Konzept und Skulptur: Alicja Kwade im Lehmbruck Museum in Duisburg – kunst & gut 12/23
Abstraktion als Sprache der Gegenwart
Nicht Einzel- sondern Kontextausstellung: Barbara Hepworth in Duisburg – kunst & gut 05/23
Brechung und Abstraktion
„Die Befreiung der Form“ in Duisburg – Kunst 03/23
Brieftauben und Vogelperspektiven
Norbert Kricke in Duisburg – kunst & gut 01/23
Der Raum, den die Skulpturen fühlen
Antony Gormley im Lehmbruck Museum Duisburg – kunst & gut 11/22
Großes Kino
Ausgezeichnet: Cardiff & Miller im Lehmbruck Museum Duisburg
– kunst & gut 05/22
Skulptur in Bewegung
Tony-Cragg-Ausstellung im Lehmbruck Museum – kunst & gut 02/22
Teil des Museums
Die Erwerbungen des Freundeskreises für das Lehmbruck Museum
Das Prinzip der Form-Schöpfung
„Lehmbruck – Beuys“ in Duisburg – Kunstwandel 08/21
Sachlich, Realistisch, Magisch
DU: Lehmbruck Museum | Di-Fr 12-17, Sa-So 11-17 Uhr
Alte britische Schule
Lynn Chadwick im Lehmbruck Museum – kunst & gut 08/20
Alles schwebt
Eija-Liisa Ahtila in Duisburg – Kunst 10/19
Hinter Samtvorhängen
Silke Schönfeld im Dortmunder U – Ruhrkunst 11/24
Keine falsche Lesart
Ree Morton und Natalie Häusler im Kunstmuseum Bochum – Ruhrkunst 11/24
Gelb mit schwarzem Humor
„Simpsons“-Jubiläumschau in Dortmund – Ruhrkunst 10/24
Die Drei aus Bochum
CityArtists in der Wasserburg Kemnade – Ruhrkunst 09/24
Roter Teppich für das Kino
Kino- und Filmgeschichte des Ruhrgebiets im Essener Ruhr Museum – Ruhrkunst 08/24
Lebendige Zeitgeschichte
Marga Kingler im Essener Ruhr Museum – Ruhrkunst 07/24
Happy End
Ausstellung über Glück in Bochum – Ruhrkunst 07/24
Im Bann der Impulse
„Radiant“ im Lichtkunstzentrum Unna – Ruhrkunst 06/24
Alle für einen
Matthias Wollgast im Märkischen Museum Witten – Ruhrkunst 06/24
Leben in der Wüste
Namibia-Ausstellung im Naturmuseum Dortmund – Ruhrkunst 05/24
Hin und weg!
„Ferne Länder, ferne Zeiten“ im Essener Museum Folkwang – Ruhrkunst 05/24
Utopie und Verwüstung
„The Paradise Machine“ in Dortmund – Ruhrkunst 04/24
Ins Blaue
„Planet Ozean“ im Gasometer Oberhausen – Ruhrkunst 04/24