Wo die Kraft der Worte und Bilder nicht mehr ausreicht, um unsere Wirklichkeit zu beschreiben, beginnt die Magie des Tanzes. Es verlangt uns nach Bewegung und Bedeutung, ein Paar, das im digitalen Zeitalter live erlebt werden will. Selten finden sich so viele Gelegenheiten, um intensiv in die Welt des Tanzes einzutauchen, wie in jenen Wochen, in denen das Festival „tanz nrw 17“ flächendeckend in Nordrhein-Westfalen veranstaltet wird. In den acht Städten Münster, Essen, Wuppertal, Viersen, Krefeld, Düsseldorf, Köln und Bonn gibt es vom 3. bis 14. Mai fast täglich Inszenierungen der Freien Szene zu sehen. In einem Open Call bewarben sich 120 Produktionen, engagiert wurden letztlich 22 Gruppen, dazu gibt es ein üppiges Rahmenprogramm, mit dem sich der Tanz in NRW seinem Publikum präsentiert. Kein andres Bundesland verfügt über eine auch nur annähernd so dichte Landschaft von Choreografen, Ensembles und Tänzern wie die Region an Rhein und Ruhr.
Das gilt es zu zeigen, außerdem verschwinden die Choreografien der Freien Szene oftmals schon nach einer Handvoll von Auftritten vom Spielplan. Deshalb versteht sich das Festival als Plattform, auf der den Künstlern die Möglichkeit eröffnet wird, die Aufmerksamkeit von Medien und Veranstalter für die eigenen Arbeiten zu gewinnen. In diesem Jahr soll zudem das Netz zwischen Freien Gruppen und Städtischen Ensembles enger geknüpft sein. Martin Schläpfer öffnet dazu die Pforten der Oper am Rhein für Probenbesuche seiner Choreografien und bietet Führungen durch das neue Balletthaus in Düsseldorf an.
Seit Generationen hat die Tanzkunst in NRW Wurzeln geschlagen – dass es auch in Zukunft so weitergeht, dafür garantieren nicht alleine die beiden Hochschulen in Essen und Köln, auch das Festival hält mit „Sprungbrett<>Tanzrecherche NRW“ ein Format für junge Künstler bereit. Gewinnen kann man eine Residenz an einem der großen Häuser. Özlem Alkis hat gezeigt, was damit möglich ist. Als ehemalige Gewinnerin präsentiert die in Köln lebende Choreografin zwei Produktionen im aktuellen Programm.
Während in der Vergangenheit die Gruppen oftmals gerade dort spielten, wo sie selbst nicht zuhause waren, dürfen sich in Köln während der diesjährigen Festivalzeit vor allem ansässige Tänzer präsentieren. „Sichtbar soll der Tanz in der Stadt werden“, das wünscht sich Heike Lehmke, die Geschäftsführerin des nrw landesbuero tanz. Unbestritten leidet die Stadt – in der mehr als die Hälfte aller Tänzer in NRW zuhause sind, unter der Tatsache, dass es nicht wie in Düsseldorf mit dem Tanzhaus und Essen mit PACT Zollverein eine eigene Spielstätte gibt. Aber statt über die Not zu sprechen, möchte Lehmke auf „die unglaubliche Energie“ hinweisen, „mit der in dieser Stadt um jeden der zahlreichen Aufführungsorte gekämpft wird“. Mit Barnes Crossing, der Freihandelszone und den Ehrenfeldstudios finden sich immer wieder Choreografen zu Künstlergemeinschaften zusammen. „In Düsseldorf sind die Tanzkünstler sicher vereinzelter, während in Köln vieles gemeinsam geschafft wird“, erklärt sie. Ein Reichtum der besonderen Art, den die Künstler auch auf den Straßen der Domstadt zeigen wollen.
tanz nrw 17 | 3.-14.5. | Münster, Essen, Wuppertal, Viersen, Krefeld, Düsseldorf, Köln und Bonn | www.tanz-nrw-17.de
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