Mit Robert Schumann hatte der Name des „Schumann-Quartetts“ nur am Rande zu tun. In diesem jungen Quartett steckt nämlich Schumann drin: Drei der vier Musikerinnen und Musiker sind Brüder. Eine Schwester hätten sie auch noch zu bieten, eine Musikerin, versteht sich. Aber das hat sich anders ergeben. Dem sentimentalen Gemütsmenschen wird bei so familiären Banden und Klängen gleich warm ums Herz. Es drängt sich der leider heute historische Begriff „Hausmusik“ auf.
Für Eric, Ken und Mark Schumann, Söhne eines Geigers und einer Pianistin, bestimmte die Musik ihre Jugend. Das ist natürlich ein echter Spezialfall. Zahlreich sind die Versuche, die jungen Leute neben ihren digitalen Ausflügen mit echter klingender Realität zusammenzubringen – wir berichten ja unaufhörlich über solche verspäteten Rettungsaktionen. Selbst zeitlose Sympathieträger wie Ranga Yogeshwar, ein internationales Gesicht aus dem TV-Format, erklärt den lieben Kleinen jetzt Musik – mit großem Orchester oder mit Begleitung der Orgel, das spielt nur eine Nebenrolle. Die interdisziplinäre Aufweichung der Konzertform könnte und hat z. B. im Bereich Musiktheater eine schöne Wirkung gezeigt: Seitdem die Oper reist und spannende Locations präsentiert, gehen die Opernfreunde und auch andere in Scharen zu den Inszenierungen, die sich in keiner Weise spektakulär verbogen haben – hin zum Publikum.
Das Schumann-Quartett eröffnete die aktuelle Reihe der „Spitzentöne“, einer traditionell in der Kölner Musikhochschule beheimateten Veranstaltung, die aber vorsorglich wegen des renovierungsbedürftigen Zustandes der Hochschule in das VHS-Forum des Rautenstrauch-Joest-Museums umgezogen ist. Dabei hat die Reihe jetzt nur gewonnen. Nähe zur Stadtmitte, perfekte Verkehrsanbindung oder Bürgernähe sind angenehme Begleiterscheinungen. Den größten Zugewinn ziehen die „Spitzentöne“ aus einer unschätzbaren atmosphärischen Aufwertung der Reihe, die nun aus dem studentischen Umfeld in einen Konzertsaal mit hochwertigem Erlebnis-Entree gewechselt ist.
Der Saal selbst bietet rund 300 Sitzplätze und eine tragfähig-ehrliche Akustik, die könnte für Kammermusik natürlich schmeichelhafter sein. Aber die letzten Meter der Anreise sind architektonisch attraktiv, und die ausgestellten Exponate erweisen sich als Blickfänger und Appetizer, auch mal wieder ins Museum zu gehen. Das Wandeln in der Pause ist ebenfalls interessant, das hat ja die wunderbare Konzertreihe im Schnütgen-Museum mit alten und neuen Klängen in mittelalterlicher Welt bereits seit Jahren bewiesen.
Das VHS-Forum ist nicht die Alternative für den in Köln fehlenden Kammermusiksaal, obwohl sich mancher Besucher denken könnte: Wie nah war die Stadt hier an einer Lösung? Aber die „Spitzentöne“ von Künstlern, die allesamt mit der Musikhochschule in Köln verbunden sind, sei es als Studenten, als Dozenten oder als Ehemalige wie z. B. die international agierende Spitzensopranistin Christiane Oelze, bieten ein erfrischendes, junges und flexibles Erscheinungsbild in der bewegten Musikmetropole Köln. Manchmal erwächst auch hier aus der Not ein Vorteil.
„Zemlinsky-Trio“ I 27.3., 19.30 Uhr I VHS-Forum im Rautenstrauch-Joest-Museum
Christiane Oelze I 14.3. I Kölner Philharmonie I www.koelner-philharmonie.de
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